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Abgesang auf die vierte Macht im Staate

Am besten nichts Neues.Aus den Widrigkeiten der eigenen Arbeitsbedingungen heraus schreibt Journalist Schimmeck (taz, tempo, konkret, Geo, profil, stern u.a.) über den Zustand der eigenen Zunft. Er sieht die funktionierende Presse in Gefahr und überlegt die Auwirkungen dessen.
Journalisten als Förderband in der Legebatterie für Nachrichten. So zeichnet Schimmeck den Status der Tagesjournalisten, erst recht wenn auch das Internet zu bedienen ist. Jede Kleinigkeit muss sofort auf den Sender und ins Netz, womit jegliches Nachrecherchieren unmöglich wird.

„Die Newsproduzenten werden immer professioneller und haben alle Zeit und alles Geld der Welt, um Bilder und Nachrichten zu produzieren und zu gestalten.“, so Schimmeck in einem Interview im Deutschlandfunk.

Vor allem in Wirtschaft und erst recht in der Politik ist der Druck groß, den Spin-Doktoren und Pressesprecher Ihre Schützlinge inszenieren. Schimmeck sieht auch im mangelnden Sendungsbewusstsein der jungen Journalisten ein Problem, das die kritische Distanz reduziert. Wenn man selbst gerne wichtig wäre, dann ist die Nähe zur PR größer, als bei journalistischen Weltverbesserern.

Da es im Journalismus um mehr geht, als die Lieferung von Waren, braucht es Verleger, die mehr wollen, als Geld verdienen. Es gibt laut Schimmeck zu viele „Rechenschieber“ in den Verlagen und zu wenige, die die Bedeutung der vierten Macht im Staate wahrnehmen wollen.

Schimmeck ist Essayist und zieht auf seinen 280 Seiten ordentlich vom Leder. In einem flapsigen und leicht gehetzt wirkendem Stil beschreibt er wort- und detailreich anhand von viele Episoden den Zustand des deutschen Journalismus. Er übt nicht immer Kritik, sondern beschreibt nur seine Erlebnisse und Gedanken und stellt vielleicht noch eine rhetorische Fragen hintenan. Er beschränkt sich nicht nur auf Deutschland, sondern widmet auch Berlusconi ein kurzes Kapitel.

Einmal quergelesen bleibt man etwas ratlos zurück. Das Buch fordert einerseits intensivere Befassung heraus, lädt durch die nur lose zusammenhängenden Episoden zum „Rosinenpicken“ heraus. Schimmeck nimmt nicht für sich in Anspruch Antworten auf die Fragen zu haben, die er aufwirft. Er beschreibt eher die Situation, so wie sie sich ihm darstellt.

PR kommt naheliegenderweise gar nicht gut weg, weil sie nur drängend, ausschließend, beeinflussend und nie helfend, informierend und unterstützend erlebt wird. Der schlecht bezahlte Journalist steht einem hochbezahlten PR-Profi gegenüber, gegen den er nicht ankommt und der er zudem gerne wäre, könnte eine Zusammenfassung lauten.

Fazit: Auch wenn die Sicht einseitig sein mag, ist es doch bedrohlich, das man sie so erleben kann und sollte den Kommunikatoren zu denken geben. Wenig Bedeutung und Platz misst Schimmeck den Neuen Medien zu. Für den Journalisten sind sie weitere Stress, der Recherche verhindert. Bürgerjournalismus und die kontrollierende Kraft, die von Social Media ausgeht blendet der professionelle Schreiber aus.

Tom Schimmeck:“Am besten nichts Neues“ – Medien, Macht und Meinungsmache, Westend Verlag, 18,50 Euro

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