Die neue PRVA-Präsidentin Dr. Ingrid Vogl im OBSERVER-Interview über ihre Motivation, ihre Zielsetzungen als Präsidentin des Public Relations Verbandes Austria, das Image der Teildisziplin Lobbying und die geplanten Transparenz-Richtlinien.
Neo-PRVA-Präsidentin Ingrid Vogl: „Wir müssen aber immer wieder darauf hinweisen, dass eine Causa Strasser, so wie sie jetzt öffentlich bekannt ist, nichts mit Lobbying zu tun hat, sondern schlicht und einfach politische Bestechung ist.“
OBSERVER: Frau Dr. Vogl, was war für Sie ausschlaggebend dafür, sich zur Wahl um das Amt der PRVA-Präsidentin zu stellen?
Ingrid Vogl: Erstens: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass man mit strategischen und professionellen PR-Konzepten und PR-Kampagnen was bewegen und gestalten kann. Gemeinsam mit vielen engagierten PR-Expertinnen und PR-Experten an der Spitze des PRVA was zu bewegen, sehe ich als spannende Aufgabe. Und beim Gestalten bin ich gerne dabei. Zweitens: Ich weiß aus eigener beruflicher Erfahrung, dass es in der Praxis immer wieder eine Herausforderung ist, der PR-Professionalität das Wort zu reden. Das Festhalten an ethischen Grundsätzen wird auch nicht immer bedankt. Die Professionalität voranzutreiben ist sicher leichter, wenn wir gemeinsam daran festhalten. Und ich freue mich, mit einem tollen PRVA-Vorstandsteam an der weiteren PR-Professionalisierung arbeiten zu können.
OBSERVER: Was ist für Sie – ganz unabhängig von Ihren persönlichen Zielsetzungen mit dem Verband – die vordringlichste Aufgabe des PRVA?
Ingrid Vogl: Wir sind eine aktive Interessensvertretung der PR-Branche, der es um die Professionalisierung des Berufsfeldes, um Qualitätssicherung von PR-Leistungen und um die Förderung von Aus- und Weiterbildung geht. Wir zählen ganz stark auf Vernetzungs-, Informations- und Meinungsaustausch und wir sehen uns durchaus als Impulsgeber der Branche.
OBSERVER: In ihrer Funktionsperiode – Sie sind jetzt einmal für zwei Jahr gewählt, können danach aber selbstverständlich wiedergewählt werden – fallen zwei PR-Staatspreisverleihungen und ein PR-Tag, der ja in Jahren von Vorstandswahlen nicht stattfindet. Gibt’s erste Überlegungen beim PR-Staatspreis Änderungen vorzunehmen?
Ingrid Vogl: Nein, dazu haben wir – und damit meine ich den gesamten PRVA-Vorstand – noch keine Überlegungen angestellt. Abgesehen davon, ist eine Änderung des „Staatspreis für Public Relations“ in erster Linie mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), der ja den Staatspreis verleiht, zu diskutieren.
OBSERVER: Und zum PR-Tag: Der bis dato letzte PR-Tag im Vorjahr war ein großer Erfolg, was man auch an der Zahl der Besucher ablesen konnte. Gibt es bereits Planungen für den PR-Tag im kommenden Jahr und wie sehen die aus?
Ingrid Vogl: Eines ist sicher: Es wird im Jahr 2012 einen PR-Tag geben. Wir werden uns demnächst in Klausur begeben, um alle Vorhaben und Aktivitäten der kommenden zwei Jahre im Detail zu diskutieren und zu planen. Da steht auch die Planung des PR-Tages 2012 auf der Tagesordnung.
OBSERVER: Der bisherige PRVA-Präsident hat im Rahmen Ihrer Wahl zur neuen Verbandspräsidentin herausgestrichen, dass die Zahl der PRVA-Mitglieder in seiner Funktionsperiode weiter gewachsen ist. Wie sehen Ihre dementsprechenden Zielsetzungen aus?
Ingrid Vogl: Meine Zielsetzungen gehen vor allem in Richtung PR-Nachwuchs. Ich möchte möglichst viele junge PRlerinnen und PRler für den PRVA gewinnen. Dazu werden wir den Jungen attraktive PRVA-Einstiegsmöglichkeit bieten und ihnen eine ganz spezielle Erlebnisfläche ermöglichen; das heißt sie eigenständig als Young-PRofessionals arbeiten lassen.
OBSERVER: Sie haben bei Ihrem Antritt erklärt, eine Grundlagenstudie zum Thema PR in Österreich durchführen zu wollen. Was soll in der Studie konkret erhoben werden und wann wird die Studie vorliegen?
Ingrid Vogl: Kann ich im Detail noch nicht beantworten. Tatsache ist, dass wir derzeit über keine aktuellen und aussagekräftigen Daten über die PR-Situation in Österreich verfügen. Wir haben uns daher das prioritäre Ziel gesetzt, möglichst rasch eine österreichweite Grundlagenstudie durchzuführen und werden damit den Arbeitskreis Wissenschaft und Bildung betrauen. Wir erwarten uns davon umfangreiche Daten und Fakten über die PR-Szenerie in Österreich, anhand derer wir dann in weiterer Folge diverse PRVA-Aktivitäten aufsetzen können. Darüber hinaus benötigen wir diese Daten, um den PRVA als primäre Anlaufstelle für Auskünfte über PR in Österreich zu etablieren. Ich hoffe, dass wir bis Ende des Jahres Ergebnisse präsentieren können.
OBSERVER: Der EU-Parlamentarier und frühere Innenminister Ernst Strasser ist der nächste, der der PR- und Lobbyingbranche mit seiner Interpretation von „Lobbying“ einen Bärendienst erwiesen hat. Nach der Hochegger-Affäre ist das der nächste Tiefschlag für eine Kommunikationsdisziplin, die auch vom PRVA vertreten wird. Ist dieses Negativimage der Lobbyisten überhaupt noch zu korrigieren?
Ingrid Vogl: Sie benennen es richtigerweise als Interpretation von Lobbying. Vieles von dem, was in der öffentlichen Diskussion unter dem Begriff Lobbyying läuft, hat nämlich mit Lobbying gar nichts zu tun, sondern ist schlicht und einfach politische Bestechung. Wir können es gar nicht oft genug betonen: der PRVA und alle seine Mitglieder distanzieren sich von derartigen Methoden mit aller Vehemenz. Leider gibt es in jeder Branche schwarze Schafe. Aber diese schwarzen Schafe knabbern an der Reputation der gesamten Branche. Den vielen Agenturen und Expertinnen und Experten, die tagaus tagein seriöse und anständige Arbeit verrichten, wird hier zutiefst Unrecht getan. Jedes PRVA-Mitglied bekennt sich übrigens zum PRVA-Ehrenkodex und den Grundsätzen des Code d’Ethique International.
OBSERVER: Wie werden Ihre Maßnahmen zur Imagekorrektur der PR- und Lobbyingbranche in Österreich aussehen? Wird es eine Kampagne geben? Oder Diskussionsveranstaltungen zum nämlichen Thema?
Ingrid Vogl: Auf alle Fälle werden wir viel Informations- und Kommunikationsarbeit leisten müssen, um das alles wieder ins rechte Licht zu rücken. Im PRVA selbst haben wir zu Beginn des Jahres einen Arbeitskreis „Lobbying“ eingerichtet. Unter der Leitung von Feri Thierry beschäftigt man sich unter anderem mit der Definition von Lobbying, mit Qualitätsstandards und auch mit der Durchsetzung und Sanktionierung. PRVA-Ziel ist die Professionalisierung des Lobbying und eine höhere Bekanntheit darüber, was Lobbying tatsächlich ist. Über diese Schiene peilen wir ein Erhöhen der Akzeptanz und Vertrauensbildung bei den Entscheidern an. Die Ergebnisse und Erkenntnisse des Arbeitskreises werden wir sicher breit kommunizieren.
OBSERVER: Brancheninstitutionen wie dem Werberat oder dem Presserat wird immer wieder vorgeworfen zahnlos zu sein. Wird der PRVA in dieser Causa Zähne zeigen, Missstände schonungslos aufzeigen und eventuell auch PRVA-Mitglieder zurechtweisen?
Ingrid Vogl: Der PRVA braucht seine Mitglieder in der Causa Strasser nicht zurechtweisen, weil keine PRVA-Mitglieder involviert sind. Wir müssen aber immer wieder darauf hinweisen, dass eine Causa Strasser, so wie sie jetzt öffentlich bekannt ist, nichts mit Lobbying zu tun hat, sondern schlicht und einfach politische Bestechung ist. Da Zähne zu zeigen, sind andere gefordert.
OBSERVER: Kann man mit Ehrenkodizes Machenschaften von Hochegger und Co Einhalt gebieten?
Ingrid Vogl: Diese Machenschaften haben etwas mit der grundsätzlichen Einstellung zu tun. Bei Menschen, denen das „Anständigkeits-Gen“ fehlt, da sind auch Ehrenkodizes von geringem Erfolg.
OBSERVER: Neben der Schaffung von Transparenz-Richtlinien, die den PRVA aktuell beschäftigen, gibt es ja Arbeitskreise zu diversen anderen Themen, etwa CSR oder Social Media. Welche Themen sind da die vordringlichsten?
Ingrid Vogl: Alle unsere Arbeitskreise beschäftigen sich mit vordringlichen Themen: Neben den bereits genannten Arbeitskreisen zu CSR und PR2.0/Social Media werden derzeit die Themen „Wertschöpfung durch Kommunikation“, „Interne Kommunikation“, „Lobbying“, „KMU-PR“ und „Kunst und Kultur“ in Arbeitskreisen bearbeitet. Quasi ständig tätig ist der Arbeitskreis „Wissenschaft und Bildung“.
OBSERVER: Social Media ist so ein Thema, das mehrere Kommunikationsdisziplinen für sich beanspruchen. Ist Social Media ein Teildisziplin der PR und wenn ja, warum?
Ingrid Vogl: Uns im PRVA geht es nicht um das „für sich beanspruchen“ oder einen „Teildisziplin-Wettstreit“, sondern einfach um die praktische Anwendung. Der PRVA ist eine Interessensvertretung für Praktiker, und Praxis ist, dass Unternehmen und Organisationen Social Media Aspekte und Komponenten zunehmend in ihren Kommunikationsmix integrieren. Mit dieser Entwicklung bzw. mit dieser Herausforderung für die PR setzen wir uns daher selbstverständlich intensiv auseinander. Nicht zu vergessen: vor allem der PR-Nachwuchs ist sehr Web2.0-affin ist. Und wir wollen ja auch die kommende PR-Generation für den PRVA gewinnen.
OBSERVER: Ein Problem in der Außendarstellung der PR-Branche sind Agenturen, die für Pressekonferenzen 100.000 Euro in Rechnung stellen. Ein ebenfalls hygienisches Problem sind Agenturen, die um 200 Euro Presseaussendungs-Pakete verkaufen. Wird dieser Problemkreis auch eine Stoßrichtung von Maßnahmen des PRVA sein?
Ingrid Vogl: Die öffentliche Diskussion über Beträge ist insofern irreführend, weil alles vermischt wird. Es wird nicht unterschieden, ob es sich um Honorar für PR-Leistungen oder ob es sich um Fremdkosten handelt. Wenn ich zum Beispiel eine Pressekonferenz in der Sahara ansetze, um dort ein spezielles Produkt zu präsentieren, dann kann die Pressekonferenz insgesamt schon 100.000 Euro kosten. Aber da sind dann Flugkosten, Aufenthaltskosten, Materialientransport, Technik vor Ort, Catering, Rahmenprogramm, Moderation etc.etc. inkludiert. Wichtig ist, sehr genau aufzuzeigen, wofür bezahlt wird. Unbestritten sind gute und nachweisbare PR-Leistungen entsprechend zu honorieren, aber ganz klar besteht auch eine Verpflichtung zur Transparenz, wofür Honorare bezahlt werden. Hilfreich wäre sicher Transparenz hinsichtlich Honorar-Größenordnungen. Dass wir derzeit aufgrund der EU-Kartellregelung keine Honorar-Richtwerte veröffentlichen können, macht uns die Sache nicht unbedingt leichter. Hier müssen und werden wir uns um andere Wege bemühen, Transparenz zu schaffen.
Ich beglückwünsche die neue Präsidentin inkl. ihre Mannschaft zu dem ambitionierten Programm.
Drei Dinge möchte ich anmerken, die gleichzeitig als Empfehlung zu verstehen sind:
– das Thema Hochegger offensiv anzusprechen ist absolut notwendig, nur muss der PRVA in Bezug auf Lobbying endlich Klartext reden und mitteilen, wie er gedenkt, in Zukunft ähnliche Fälle zu behandeln – ein AK kann hier wenig dazu beitragen
– die Grundlagenstudie ist absolut notwendig. Die Betonung liegt auf Grundlagen. Es existieren in Österreich nicht einmal soziodemografische Daten über die Grundgesamtheit der PR-Treibenden. Das heißt, eine solche Studie sollte zuerst einmal die grudlegensten Grundlagen erheben, denn ohne diese sind representative Untersuchungen gar nicht möglich.
– zur Preistransparenz: Der PRVA soll die Agenturen ersuchen, wieder Preilisten zu veröffentlichen (mit dem Verschwinden der Honorarrichtlinien sind eigenartigerweise auch die Preislisten auf den Websites der Agenturen verschwunden?!?). Es werden zwar einige Agenturen laut aufschreien und möglicherweise werden wenige der Aufforderung folgen – what shalls. Die Veröffentlichung der Preise ist der einzige Weg, möglichst große Preistransparenz herzustellen.