Seit Anfang August 2009 ist Dr. Esther Mitterstieler stellvertretende Chefredakteurin der Styria-Wirtschaftstageszeitung „WirtschaftsBlatt“. Schon davor war Mitterstieler Ressortchefin des Buchs „Unternehmen & Märkte“ und Mitglied der Chefredaktion.
1. Journalisten sind in der privilegierten Position, einen abwechslungsreichen Job auszuüben: Was gefällt Ihnen noch an Ihrem Beruf?
Dass ich dafür bezahlt werde, Tag für Tag Neues dazu zu lernen – das ist meiner Meinung nach das größte Privileg an unserem Job.
2. Wo viel Licht ist, ist meist auch viel Schatten: Was sind die Schattenseiten des Journalistenberufs?
Es wollen uns zu viele Menschen vereinnahmen. Das geht dann so weit, dass manche Leute, die auf der „anderen“ Seite stehen, gerne damit protzen, mit einem befreundet zu sein, auch wenn das gar nicht stimmt. Na ja, und die Arbeitszeiten sind auch nicht gerade das, was sich Otto Normalverbraucherin wünschen würde.
3. Was treibt Sie in Ihrem Beruf als Journalistin an?
Zuallererst die Neugierde, aber auch der Wunsch, Dinge aufzudecken, beim Namen zu nennen, zu hinterfragen.
4. Wenn Sie Presseaussendungen zugeschickt bekommen, welche Themenfelder interessieren Sie da besonders und welche interessieren Sie überhaupt nicht?
Mich interessiert alles, was wirklich mit Wirtschaft zu tun hat. PR-Leute nerven dann, wenn sie nicht einsehen, dass wir über bestimmte Themen nicht berichten.
5. Wie werden Sie im Berufsalltag am liebsten mit PR-Aussendungen, Informationen und Einladungen versorgt?
Per Mail. Und, noch einmal: Nicht die Menge macht die Musik. Wer pro Tag drei Aussendungen rauslässt, darf sich nicht wundern, wenn sein Mail sofort auf meinen Löschen-Knopf trifft.
6. An welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit sind Sie in Ihrem Job am ehesten ansprechbar und wann sollte man Sie besser nicht kontaktieren?
Freitag Vormittag ist schlecht, weil ich dauernd in Sitzungen sitze, der Nachmittag ist dafür um so besser geeignet, aber da sind anscheinend die meisten Leute nicht mehr im Büro. Auch hier wieder: Besonders nervig sind PR-Leute, die nach 100 Jahren immer noch nicht verstanden haben, dass es Redaktions-Schlusszeiten gibt. Die hängen mitunter mit den Seitenschlüssen zusammen. Also ein Tipp, wenn ich den geben darf: Fragen Sie immer zuerst: „Geht es bei Ihnen gerade oder wann haben Sie Zeit?“ Und vor allem: Sagen Sie mir bitte sofort, worum es geht. Es gibt nichts Unangenehmeres, als wenn PR-Berater nicht vorbereitet sind und dann schnell den Eindruck bei mir hinterlassen, mir einfach nur Zeit zu stehlen …
7. Was können Sie in Zusammenhang mit PR-Agenturen gar nicht leiden?
siehe oben.
8. Können Sie sich an einen Fall erinnern, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder PR-Stelle geärgert haben?
Nein, sehen sie, sie sind nicht so schlimm … aber prinzipiell immer, wenn die Leute zumindest so tun, als ob sie keine Ahnung hätten, wie das Geschäft läuft und einem irgendeine Story aufs Auge drücken wollen, die beim besten Willen keine ist.
9. Erinnern Sie sich auch an einen Fall, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder eine PR-Stelle gefreut haben?
Es gibt zum Glück auch sehr viele PR-Agenturen, die ihr Geschäft glänzend beherrschen. Es sind zumeist jene, die echte journalistische Kompetenz haben, aber nicht nur. Ich mag es, wenn mir Leute entgegen kommen und mir die Arbeit erleichtern. Das heißt: Sie sind vorbereitet und bringen die nötigen Infos mit.
10. Was zeichnet für Sie eine gute PR-Agentur oder einen guten PR-Berater aus?
Leute, die wissen, was eine berichtenswerte Story ist und nicht zu jeder unmöglichen Zeit anrufen.
11. Worauf sollten PR-Agenturen Ihrer Ansicht nach ihr Hauptaugenmerk in Sachen Medienarbeit legen?
So wie sich die Branche derzeit entwickelt, sollten PR-Leute vermehrt Exklusivstorys anbieten und nicht versuchen, alles pauschal jedem zu geben, per Pressekonferenz. Das mag im ersten Moment weniger Geld bringen, ist aber à la longe das einzig probate Mittel. Jede(r) muss sich an die gegebenen Marktverhältnisse anpassen. Und das scheinen manche zu verpassen …
12. Wie würden Sie Ihre Aufgabe beim „WirtschaftsBlatt“ charakterisieren?
Ich bin Leiterin des Ressorts „Unternehmen & Märkte“ und damit voll in der aktuellen Berichterstattung. Was mir eine besondere Freude ist, auch wenn es manchmal ziemlich anstrengend sein kann. Außerdem bin ich seit kurzem stellvertretende Chefredakteurin und als solche regelmäßig Blattmacherin. Das nenne ich dann manchmal scherzhaft „Sklavin vom Dienst“ statt Chefin vom Dienst. Ist natürlich mit einem Augenzwinkern gemeint, weil meine Leute einfach die besten sind – jede(r) mit seinen eigenen Ticks. Das mag ich, weil ich schließlich selber auch welche habe und es dann schön menschelt …
13. Wofür steht das „WirtschaftsBlatt“ in wenigen Worten und was macht es als Medium unverwechselbar?
Das „WirtschaftsBlatt“ steht für die hintergründige Berichterstattung in Sachen Wirtschaft. Jede(r), der in der Wirtschaft tätig ist, kann auf uns nicht verzichten, weil wir ihm die Storys „dahinter“ liefern. Wir möchten Börsenfreaks genauso ansprechen, vor allem über unser digitales Angebot, wie KMUs und generell Wirtschaftsinteressierte. Unser Fokus liegt natürlich auch im Bereich Management. Sie sehen: Wer sich für Wirtschaft interessiert, ist bei uns richtig.
14. Wenn Sie nicht Journalistin wären, welchen Beruf würden Sie dann gerne ausüben?
Dann würde ich sehr gerne Schriftstellerin sein, auch weil mich das unabhängig von Orten machen würde. Das käme meinem ausgeprägten Freiheitsbedürfnis so richtig entgegen.
Ad personam
Beruflicher Werdegang:
Matura am Humanistischen Gymnasium in Bozen
Doktorat in Bologna (Lettere e filosofia, storia contemporanea)
diverse Ausbildungen an der Bayerischen Akademie für Journalistenausbildung
5 Jahre Redakteurin bei den „Dolomiten“ in Bozen,
freie Mitarbeit für „Il sole-24ore“ in Mailand,
5 Jahre Redakteurin bei „Der Standard“ in Wien,
knapp 1 Jahr Beraterin bei „Scholdan & Company“
3 Jahre Redakteurin beim „WirtschaftsBlatt“, in diversen Funktionen
Geburtsdatum: 8. September 1968
Hobbys: Skifahren, Radfahren, Lesen, Reisen
Lieblingsort in Österreich: die Donau
Lieblingsort weltweit: es gibt zu viele …
Lieblingsautor: es gibt auch hier zu viele, aber Siegfried Lenz und seine Deutschstunde lassen mich Heimat spüren, obwohl er im Flachland und ich am Berg geboren wurde
Lieblingsgetränk: Wasser, still; lautes nur sehr kalt
Lieblingsessen: alles, was italienisch ist, am liebsten Spaghetti ai frutti di mare, aber auch Bresaola oder Lasagne und Mozarella mit Tomaten
Lieblingsfilm: „La vita e bella“ und noch einige mehr, aber Benigni ist ein Wahnsinn …
Lieblingsschauspieler: Schon wieder Roberto Benigni, aus alter Verbundenheit
Kontakt: esther.mitterstieler@wirtschaftsblatt.at
Esther Mitterstieler ist seit Anfang August stellvertretende Chefredakteurin des