Mareike Boysen ist Chefin vom Dienst des „vormagazin“ und gemeinsam mit den Chefredakteuren für die thematische und zeitliche Planung des Magazins verantwortlich.
- Journalisten sind in der privilegierten Position, einen abwechslungsreichen Job auszuüben: Was gefällt Ihnen noch an Ihrem Beruf?
Die Möglichkeit, erstaunlichen Menschen, Ideen und Begebenheiten Öffentlichkeit zu geben.
- Wo viel Licht ist, ist meist auch viel Schatten: Was sind die Schattenseiten des Journalistenberufs?
Sehr elastische Arbeitszeiten, Misstrauen gegenüber dem Berufsstand und unverantwortliche Ernährungsgewohnheiten.
- Was treibt Sie in Ihrem Beruf als Journalistin an?
Die Vorfreude darauf, gelesen zu werden, Zeitdruck und massig Kaffee
- Wenn Sie Presseaussendungen zugeschickt bekommen, welche Themenfelder interessieren Sie da besonders und welche interessieren Sie überhaupt nicht?
Ich lese das genauer, was mit den Ressorts, für die ich zuständig bin, zu tun hat. Glücklicherweise decken sich diese – seit jeher oder inzwischen – mit meinen persönlichen Interessen. Dazu zählen Musik, Literatur, Film und Fotografie, außerdem Reisethemen, Fußball, Politik sowie diverse Veranstaltungen, Neueröffnungen und Innovationen in der Ostregion. Weniger Zeit habe ich dafür, mich mit den angesagtesten Range-Rover-Modellen, hautverjüngendem Plasma-Needling oder dem Kopulationsverhalten von Pandas auseinanderzusetzen.
- Wie werden Sie im Berufsalltag am liebsten mit PR-Aussendungen, Informationen und Einladungen versorgt?
Per E-Mail. Wobei ich nicht bestreiten kann, dass mich eine handgeschriebene, wachsversiegelte Einladung zu einer Pressekonferenz länger beschäftigt.
- An welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit sind Sie in Ihrem Job am ehesten ansprechbar und wann sollte man Sie besser nicht kontaktieren?
Auf E-Mails antworte ich auch einmal sonntagmorgens um sechs, telefonisch bin ich in der Regel werktags ab neun bis etwa sieben am Abend erreichbar. In den letzten Tagen einer Produktion nehme ich – im Sinne der Höflichkeit gegenüber meinem Gesprächspartner – nicht jeden Anruf entgegen.
- Was können Sie in Zusammenhang mit PR-Agenturen gar nicht leiden?
„Frau Boysen, ich rufe nur an, um zu fragen, ob Sie mein Mail bekommen haben.“ Was mir außerdem besonders in Schlussproduktionen mäßig Freude bereitet: mündliche ausführliche Inhaltsangaben zu Theaterproduktionen oder die Aufzählung aller Features eines neuen Lifestyle-Produkts. Unverständlich ist auch die Annahme, dass Bestandteile von – schließlich nicht angeforderten – Geschenkkörben automatisch einen Platz im Medium bekommen.
- Können Sie sich an einen Fall erinnern, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder PR-Stelle geärgert haben?
Ich habe schon ein paar Male über die Presseabteilungen von einigen Fußballvereinen und -verbänden geflucht – etwa weil Interviews nicht zustande gekommen sind, weil man Spielern verboten hatte, über bestimmte Themen zu sprechen, oder weil Artikel redigiert wurden.
- Erinnern Sie sich auch an einen Fall, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder eine PR-Stelle gefreut haben?
Häufig sind es sehr kleine Agenturen, mit denen die Zusammenarbeit schnell und unkompliziert verläuft.
- Was zeichnet für Sie eine gute PR-Agentur oder einen guten PR-Berater aus?
Verständnis für journalistische Arbeitsabläufe und insbesondere Kenntnis des jeweils kontaktierten Mediums, seiner Zielgruppe und seines Produktionszeitplans.
- Worauf sollten PR-Agenturen Ihrer Ansicht nach ihr Hauptaugenmerk in Sachen Medienarbeit legen?
Auf individualisierte Vorschläge für Aktionen oder Partnerschaften, die sowohl dem vertretenen Kunden als auch dem kontaktierten Medium entsprechen und von denen beide Seiten profitieren. Und ganz banal: auf professionelles (druckfähiges) Bildmaterial.
- Wie würden Sie Ihre Aufgaben beim „vormagazin“ charakterisieren?
Ich bin Chefin vom Dienst und daher gemeinsam mit den Chefredakteuren für die thematische und zeitliche Planung jeder Ausgabe sowie die Abwicklung von bezahlten Inhalten verantwortlich. Als Teil eines sehr kleinen Teams bin ich außerdem Redakteurin für eh (fast) alles, Bullshitbingo- und Beistrichbeauftragte.
- Wofür steht „vormagazin“ in wenigen Worten und was macht es als Medium unverwechselbar?
Das „vormagazin“ richtet sich an die Bewohner von Österreichs Ostregion, nimmt sich diversen dort relevanten und aktuellen Themen in Interviews, Reportagen und Porträts an und ist gleichzeitig ein kultureller Terminfahrplan. Unverwechselbar ist seine Verbreitungsform: Als Kurzreisemagazin hängt es in U-Bahnen, Straßen-, S-Bahnen und Bussen.
- Wenn Sie nicht Journalistin wären, welchen Beruf würden Sie dann gerne ausüben?
Drehbuchautorin, Sängerin, Pressesprecherin von Bezirkowitsch oder des SV Werder Bremen.
Ad personam
Beruflicher Werdegang: Studium der Germanistik sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien und London; siebenjährige Lehrtätigkeit im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in Wien und Havanna/Kuba, Prüferin und Ausbilderin; seit 2002 freie Mitarbeiterin bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, seit April 2015 vormagazin-Redakteurin für eh alles, seit Jänner 2016 Chefin vom Dienst
Geburtsdatum: 30. April 1986
Hobbys: Fotografie, Dusch- wie Bühnengesang, Stadion-, Theater- und Marktbesuche, übermäßiger Serienkonsum
Lieblingsorte in Österreich: Ein Wasserfall bei Dellach, eine Küche in Schwaz, die Friedhofstribüne in Hernals
Lieblingsort weltweit: Jeder mit unverstelltem Blick aufs Meer
LieblingsautorInnen: Paul Celan, Fina García Marruz, Harry Mulisch, David Foster Wallace, Robert Gernhardt
Lieblingsgetränke: Kaffee (immer), weißer Spritzer (April bis Oktober), heiße Zitrone (November bis März)
Lieblingsessen: Cigköfte vom Reumannplatz, kubanische Mangos, Schnüüsch von der großmütterlichen Herdplatte
Lieblingsfilme: „Fresa y chocolate“ (1993), „Breaking the Waves“ (1996), „Biutiful“ (2010), „Me and Earl and the Dying Girl“ (2014)
LieblingsschauspielerInnen: Isabelle Huppert, Gerti Drassl, Jördis Triebel, diverse Mitglieder des Wiener Landtags
Mareike Boysen ist Chefin vom Dienst des „vormagazin“: Würde Sie nicht als Journalistin arbeiten, wäre sie „Drehbuchautorin, Sängerin, Pressesprecherin von Bezirkowitsch oder des SV Werder Bremen“