Philipp Wilhelmer ist seit dem Frühjahr 2012 stellvertretender Chefredakteur des Fachtitels „Horizont“ und Chefredakteur der Onlineentsprechung horizont.at.
1. Journalisten sind in der privilegierten Position, einen abwechslungsreichen Job auszuüben: Was gefällt Ihnen noch an Ihrem Beruf?
Wenn man sich über etwas ärgert, hat man auch eine Plattform, auf der man sich Luft machen kann. Gut für die seelische Balance.
2. Wo viel Licht ist, ist meist auch viel Schatten: Was sind die Schattenseiten des Journalistenberufs?
In einer Branche zu arbeiten, die je nach Sichtweise strukturell dem Untergang geweiht ist oder vor großen Chancen steht. Beides ist gleichermaßen diffus und unbeantwortet. Unterm Strich bleibt ein Spardruck, der es uns allen immer schwerer macht, unseren Aufgaben auch ordentlich nachzukommen. Wobei ich persönlich gerade den Luxus eines sehr guten Umfeldes genieße und vielleicht auch eher effizient arbeite. Nichtsdestotrotz sind die allgemeinen Zustände manchmal deprimierend.
3. Was treibt Sie in Ihrem Beruf als Journalist an?
Die Überzeugung, dass wir alle hier wichtige Arbeit leisten, sofern man an demokratische Systeme glauben mag. Eine starke freie Presse (samt Radio und Fernsehen) ist das Um und Auf eines funktionierenden gesellschaftlichen Diskurses. Das umfasst für mich sowohl Branchenmedien wie den „Horizont“ als auch die viel gescholtenen Massenblätter bis hin zum Schmidt’schen Unterschichtenfernsehen und Ö1.
4. Wenn Sie Presseaussendungen zugeschickt bekommen, welche Themenfelder interessieren Sie da besonders und welche interessieren Sie überhaupt nicht?
Alles, was unsere Berichterstattung abdeckt, ist in Form von Presseaussendungen willkommen. Das reicht von medienpolitischen Weichenstellungen über Personalia, Etat-Gewinne hin zur simplen Eventberichterstattung mit Fotogalerie. Ein Durchbruch in der Quantenphysik hingegen fände bei uns leider keinen Platz.
5. Wie werden Sie im Berufsalltag am liebsten mit PR-Aussendungen, Informationen und Einladungen versorgt?
Gut getaktet und in feinen Dosen. Ein Wunschdenken.
6. An welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit sind Sie in Ihrem Job am ehesten ansprechbar und wann sollte man Sie besser nicht kontaktieren?
Jederzeit. Mittwoch ist der einzige Tag, an dem es manchmal schwierig sein kann, mit mir zu reden, weil wir da in der Heftproduktion stecken.
7. Was können Sie in Zusammenhang mit PR-Agenturen gar nicht leiden?
Gedankenloses Zuspammen.
8. Können Sie sich an einen Fall erinnern, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder PR-Stelle geärgert haben?
Es gab einmal den Fall einer Agentur, die mich hartnäckig und ungefragt mehrmals pro Tag mit Belangen beschickt hat, die thematisch weit von meinen Zuständigkeiten entfernt waren. Trotz mehrfacher Urgenz war das nicht zu ändern. Ein Fall für den Spam-Filter.
9. Erinnern Sie sich auch an einen Fall, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder eine PR-Stelle gefreut haben?
Da gibt es mehrere Fälle, wobei ich keine Agentur hervorheben möchte. Eigentlich immer dann, wenn passende Themen für das passende Medium vorgeschlagen und so aufbereitet werden, dass man als Journalist das Gefühl hat, einer Servicestelle auf Augenhöhe gegenüberzusitzen.
10. Was zeichnet für Sie eine gute PR-Agentur oder einen guten PR-Berater aus?
Augenhöhe und das Verkneifen von Keilerei.
11. Worauf sollten PR-Agenturen Ihrer Ansicht nach ihr Hauptaugenmerk in Sachen Medienarbeit legen?
Sie sollten Leute beschäftigen, die ein Mindestmaß an Verständnis für journalistische Abläufe haben. Damit fahren alle Beteiligten erfahrungsgemäß am Besten. Ansonsten fischen beide Seiten im Trüben.
12. Wie würden Sie Ihre Aufgabe beim „Horizont“ charakterisieren?
Daran mitzuarbeiten, ein sehr gutes Heft noch besser zu machen und die tägliche Informationsbasis für die Branche mit einem erstklassigen Online-Auftritt zu bieten.
13. Wofür steht der „Horizont“ in wenigen Worten und was macht ihn als Medium unverwechselbar?
Der „Horizont“ blickt auf eine vergleichsweise lange Tradition in der Berichterstattung in der Kommunikationsbranche zurück. Er ist seiner Aufgabe in den vergangenen Jahrzehnten in abwechslungsreicher Art und Weise nachgekommen und hat es immer geschafft, sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Was im Hier und Jetzt bedeutet: Schnell auf Trends zu reagieren, darüber zu berichten, aber nicht dem Zeitgeist nachzuhecheln. Und sich vielleicht manchmal den Luxus zu gönnen, die Vogelperspektive einzunehmen und die anderen unten durchhetzen zu sehen.
14. Wenn Sie nicht Journalist wären, welchen Beruf würden Sie dann gerne ausüben?
Ich beneide manchmal Handwerker um die Unmittelbarkeit ihres Berufs. Und ihre Verdienstmöglichkeiten.
Ad personam
Beruflicher Werdegang: Ein Jahr Privatradio (88,6), zehn Jahre APA, seit kurzem beim „Horizont“ beschäftigt, als Chefredakteur für Online und stellvertretender Chefredakteur für Print.
Geburtsdatum: 18. Mai
Hobbys: Meine Interessen und Leidenschaften sind vielfältig, aber privat.
Lieblingsort in Österreich: Immer noch Wien
Lieblingsort weltweit: New York.
Lieblingsautor: Für eine seriöse Antwort lese ich zuwenig. Am ehesten Thomas Bernhard?
Lieblingsgetränk: Espresso
Lieblingsessen: Meine Oma in der Steiermark kocht nach wie vor sehr gut. Der Punkt geht an sie.
Lieblingsfilm: Gleiches Problem wie beim Lesen: Ich schaue zuwenig. Lars van Triers „Melancholia“ hat mich jedenfalls umgehauen. „Heat“ war auch toll.
Lieblingsschauspieler: Einer davon ist Ofczarek. Weil er Niko Pelinka genauso gut spielt wie den Diskobesitzer in „Braunschlag“.
Philip Wilhelmer ist seit dem Frühjahr 2012 stellvertretender Chefredakteur des „Horizont“.