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„Hier gibt es einfach keine Atempause.“

Helmut Brandstätter, Chefredakteur des „Kurier“, war zu Gast im ACCEDO-Salon

ACCEDO Gründer Christoph Edelmann lud anlässlich des letzten ACCEDO-Salons vor der Sommerpause Helmut Brandstätter, Chefredakteur der Tageszeitung „Kurier“, zu einem sehr persönlichen Gespräch. Kommentare zu seinem fast einjährigen Engagement beim „Kurier“, zur Lage der Medien in Österreich und zur aktuellen Bildungsdebatte standen im Mittelpunkt des Abends. Seit August 2010 ist Helmut Brandstätter Chefredakteur der Tageszeitung Kurier – Zeit für ein Resümee. Nach langen Jahren als TV-Journalist und nunmehriger Chefredakteur eines Printmediums – ist er eher TV- oder Printjournalist? „Ich bin Journalist, unabhängig vom Medium“, repliziert Brandstätter. In seiner jetzigen Funktion reizt ihn besonders die tägliche Erscheinung und Produktion des Mediums: „Hier gibt es einfach keine Atempause.“

„Besser eine falsche Meinung, als gar keine.“

Ein Qualitätsmedium habe laut Brandstätter die Aufgabe, unabhängig zu berichten und Meinung zu beziehen. Eine Form der Berichterstattung, die er den Boulevardmedien abspricht. Und Brandstätter übt Kritik an der Vergabe von Regierungsinseraten im Boulevard. „Wir reden hier von Steuergeld. Das für die Politik ungemein praktische „Kaufen“ von Berichterstattung würde so „in keinem anderen entwickelten Land funktionieren.“

Gerade heute hätten Medien eine wichtige Funktion innerhalb der Gesellschaft, so Brandstätter: „Es gibt kaum mehr Einrichtungen, die Sicherheit und Halt bieten.“ Familie und Kirche haben diese Funktion verloren: „Es gibt wenig Orientierung und unsere Aufgabe als Medium ist es, ein Stück Sicherheit zu geben.“ Er hält es daher für fatal, täglich die Meinung zu ändern, das Motto laute daher: „Besser eine falsche Meinung, als gar keine.“

„Ich gebe das Papier nicht auf“

Wie sieht der Kurier der Zukunft aus? „Die Österreicher lesen unter der Woche eher online, am Wochenende wird immer noch die Printausgabe gelesen.“ Er gebe das Papier daher „nicht auf“. Ein Bezahlmodell für Online-Inhalte kann er sich zur Zeit nicht vorstellen. Man arbeite aber an einem Projekt, das die Verbindung zwischen Online- und Printkonsum stärken soll. „Derzeit haben wir eine relativ geringe Überlappung zwischen Online- und Printkonsum – das wollen wir ändern“, so der bekennende Vielleser.

Generell seien in Österreich verglichen mit Deutschland hohe Auflagen möglich, Printmedien sind zudem noch wichtige Werbemedien. Helmut Brandstätter ist optimistisch, dass es auch in der Zukunft noch Zeitungsleser geben wird: „Menschen informieren sich, entweder über klassische Medien oder im Social Network.“ Die grundlegende Frage lautet: „Wem kann ich vertrauen? Einer Information, deren eigentliche Quelle nicht bekannt ist oder einem fundierten Medium, deren Mitarbeiter die Sachlage überprüft haben.“

Um unseren Wohlstand zu halten, plädiert Brandstätter für eine Verbesserung des Bildungssystems. Anstatt in Medien zu schalten, sollten Städte, Gemeinden und Ministerien seiner Meinung nach das Geld sinnvoller investieren: „Es dürfte eigentlich keine Schulklasse geben, in der nicht Zeitungen aufliegen.“

ACCEDO Gründer Christoph Edelmann, Helmut Brandstätter, Chefredakteur des „Kurier“ und Rudi Semrad, Geschäftsführer der Swatch Group in Österreich im ACCEDO-Salon.

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