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Premiere für die PR Lions beim Cannes-Werbefestival – was heimische PR-Profis davon halten

PR für PR.Im Rahmen des internationalen Werbefestivals in Cannes werden heuer im Juni erstmals auch PR Lions, also Löwen für Public-Relations-Kampagnen, vergeben. »OBSERVER«-Letter fragte bei österreichischen PR-Granden nach, was sie denn von der neuen Bühne für ihre Kommunikationsdisziplin halten.

Im Rahmen der Cannes Lions (www.canneslions.com), dem internationalen Werbefestival in Cannes, wird 2009 erstmals ein Wettbewerb für Public Relations abgehalten. Somit kommen nun auch PR-Agenturen und –Auftraggeber in den Genuss, mit den begehrten Cannes-Löwen ausgezeichnet zu werden. Der durchaus erwünschte Nebeneffekt: Die Außenwirkung der bei den ersten PR Lions gewürdigten Kampagnen in einer qualifizierten Teilöffentlichkeit wird die der Preisträger von nationalen, aber auch von anderen internationalen PR-Awardshows bei weitem übersteigen und der PR an sich eine neue, bisher ungeahnte Bühne bieten. Jury-Präsident der ersten PR-Lions-Jury wird der Brite Lord Tim Bell sein, seines Zeichens Chairman bei Chime Communications in London.

Die PR Lions sollen – so die Veranstalter – die Kreativität im Reputation Management und damit bei der Schaffung von Vertrauen zwischen Individuen, Unternehmen und ihren Kunden würdigen. Die Gewinner der ersten PR Lions werden am 22. Juni 2009 zusammen mit den Gewinnern der Direct Lions (für Direct-Marketing-Kampagnen) und der Promo Lions (für Promotions) geehrt. Das 56. International Advertising Festival von Cannes dauert traditionell eine Woche und geht Jahr vom 21. bis zum 27. Juni in Szene.

Kreativität und Ergebnisse

Bei der Präsentation des neuen Wettbewerbs für PR erklärte Cannes-Lions-Festival-CEO Phil Thomas, dass die PR Lions in den Kategorien „Sector Related PR“, „Product & Service“ und „Technique“ vergeben werden. Die eingereichten Projekte werden nach Strategie, Kreativität & Originalität, Ausführung und Ergebnissen bewertet. Den Vorwurf, dass der neue Wettbewerb im Rahmen der Cannes Lions nur gelauncht wurde, um zusätzlich Geld zu scheffeln (die Einreichgebühren sind traditionell hoch), weist Cannes-Lions-CEO Thomas zurück: „In Cannes soll es um Kommunikation in allen Bereichen gehen. Das Festival hat zwar als Werbefilmwettbewerb angefangen, aber heute verlangen Kunden Lösungen, die durch alle Medienkanäle gehen. PR ist da ein wichtiger Aspekt.“ Dass die PR Lions als Wettbewerb erst jetzt in das traditionsreiche Werbefestival integriert werden, liege an den hohen Erwartungen der Veranstalter und Teilnehmer. Jeder neue Wettbewerb müsse eben – so Thomas – gut vorbereitet werden.

Keine rasende Relevanz

Für Markus Schindler, den geschäftsführender Gesellschafter des Branchenleaders Pleon Publico, hat der Umstand, dass ab heuer auch PR Lions vergeben, „keine rasende Relevanz“. Denn was für Werbeagenturen wichtig ist, dass sie nämlich ständig in der Fachpresse präsent sind und ihre gewonnenen Preise zur Schau tragen, ist für die PR-Agenturen nur bedingt wichtig: „Wir bieten unseren Kunden Investor Relations, strategische Kommunikationsberatung, Lobbying, begleiten Börsengänge und geben Hilfestellung bei Change-Prozessen: Das sind Konzepte, die man nicht so einfach abbilden und von einer Jury bewerten lassen kann.“ Zusatz: „Das ist so wie bei Anwälten oder Wirtschaftstreuhänder: Für deren Arbeit gibt es ja auch keine Preise.“

Unabhängig davon hätten Schindlers nur wenig Freude, wenn Ihre Kommunikationskonzepte in Cannes präsentiert würden: „Die PR Lions sind aus meiner Sicht ein Missverständnis der Initiatoren.“ Gerade weil die PR-Agenturen seit Jahren daran arbeiten, eher für strategische Kommunikationsberatung gebucht zu werden und nicht für die bloße Umsetzung etwa von Produkt-PR, seien die PR Lions eigentlich kontraproduktiv. Natürlich – so Schindler – könne es passieren, dass seine Agentur „die eine oder andere Arbeit einreicht, weil der Kunde das will“, aber im Grunde würden gewonnene Preise der Agentur nicht viel einbringen: „Unser Markt reflektiert auf solche Dinge nicht, Preise bringen uns nicht einen Kunden mehr.“

 

Markus Schindler, geschäftsführender Gesellschafter der PR-Agentur Pleon Publico: „Die PR Lions sind aus meiner Sicht ein Missverständnis der Initiatoren.“

Cannes hat enorme mediale Präsenz

Wie übrigens auch Markus Schindler erfuhr Dietmar Ecker, Gründer der PR- und Lobbying-Agentur Ecker & Partner erst durch die Anfrage von »OBSERVER«-Letter, dass heuer beim Cannes Werbefestival erstmals auch PR Lions vergeben werden: „Ich wusste gar nicht, dass es in Cannes dazu kommt und habe erst durch Ihre Fragen davon erfahren.“ Generell findet Ecker die erstmalige Auszeichnung von PR-Kampagnen beim Cannes Lions Festival als „wichtig für unsere Branche und definitiv eine Aufwertung.“

Für PR als Kommunikationsdisziplin werde dies natürlich einen Schub bedeuten: „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist die PR-Kommunikation ein effizientes Instrument, um größeren Schaden abzuhalten beziehungsweise um Vertrauen herzustellen“, ist Ecker überzeugt. Und mittels der Bühne Cannes werde dieser Umstand „im Fokus der internationalen Öffentlichkeit stärker ins Bewusstsein gerückt“. Und ein bisschen Glanz und Glitzer kann auch den PR-Profis nicht schaden: „Cannes ist die glitzernde Welt der Stars. Damit wird dem Preis automatisch auch etwas von diesem Flair weitergegeben. Darüber hinaus ist die mediale Präsenz von Cannes international enorm. Das sind in Summe einmalige Rahmenbedingungen für die PR Lions“, glaubt Ecker. Dass davon auch heimische PR-Agenturen profitieren können, ist Ecker überzeugt: „In Österreich gibt es in Summe eine sehr gute PR-Landschaft und ich gehe davon aus, dass sich diese auch international durchsetzen kann.“

 

Dietmar Ecker, Gründer und Geschäftsführer von Ecker und Partner: „Cannes ist die glitzernde Welt der Stars. Damit wird dem Preis automatisch auch etwas von diesem Flair weitergegeben.“

Endlich auch Löwengebrüll für die PR-Branche!

Peter Menasse, Geschäftsführer der Wiener PR-Agentur communications matters, freut sich über die PR Lions und hätte sich einen PR-Wettbewerb im Rahmen des Cannes Lions gar schon viel früher gewünscht: „Nachdem ich von der besonderen Sinnhaftigkeit der PR überzeugt bin, halte ich das für eine äußerst weise, wenn auch späte Entscheidung. Gut gebrüllt, Löwe!“ Dass PR als Disziplin durch die Abhaltung der PR Lions einen nachhaltigen Schub erhalten werde, glaubt Menasse nicht: „PR ist international und auch in Österreich durchgesetzt. Vor zwanzig Jahren wäre es vielleicht hilfreich gewesen, die PR spektakulär zu positionieren. Inzwischen ist das aber eine Branche mit hoher Reputation und Anerkennung.“ Nicht zuletzt auch weil sich die PR, wie Menasse anmerkt, „nicht so plakativ präsentieren lässt wie Werbung.“ Zusatz: „Die Cannes-Rolle der PR ist wohl mehr was für intelligente Leseratten.“

Dass sich die PR Lions auf Grund des Wesens des Cannes Lions Festivals, das immer die Kreativität in den Vordergrund der Bewertung gestellt hat, wesentlich von anderen PR-Awardshows unterscheiden wird, glaubt Menasse nicht: „Der Unterschied zu anderen PR-Preisen wird gering sein. Allerdings hat der Veranstaltungsort besonderen Charme, und an den begleitenden Festen teilzunehmen, ist auch nicht zu verachten …“ Den heimischen PR-Agenturen traut Menasse in Cannes eine Menge zu: „Die österreichische PR-Branche ist vom Feinsten. Ihr kann nur geraten werden, teilzunehmen. Allerdings haben es erfahr
ungsgemäß Agenturen aus großen Ländern leichter, die mit internationalen Konzernen arbeiten und Budgets an Hand bekommen, die umfangreiche Projekte erlauben. communication matters wird jedenfalls ernsthaft prüfen, ein internationales Projekt einzureichen.“

 

Peter Menasse, Geschäftsführer von communications matters: „Nachdem ich von der besonderen Sinnhaftigkeit der PR überzeugt bin, halte ich die Implementierung der PR Lions das für eine äußerst weise, wenn auch späte Entscheidung.“

Internationale Plattform sorgt für mehr Beachtung

Für eine „gute Idee“ hält auch Peter Aigner, Gründer und Chef der Wiener Agentur Aigner PR die PR Lions: „Die PR Lions sind auch ein Zeichen dafür, dass man diese Disziplin im Kommunikationsmix inzwischen entsprechend ernst nimmt. Und hoffentlich haben die PR Lions eine entsprechende Signalwirkung.“ Aber selbst wenn die PR als Disziplin durch die Medienpräsenz rund um das Cannes Werbefestival keinen großen Schub erhält, findet Aigner: „Schaden kann es jedenfalls nicht.“ Gut findet Aigner die PR Lions auch, „weil sich die heimische PR-Branche traditionell schwer damit tut, sich selbst zu vermarkten beziehungsweise ihre Leistungen ins rechte Licht zu rücken. Aber wer das nicht kann, dem fehlt auch das Vertrauen der Kunden, wenn es um deren eigene Medienpräsenz geht.“

Der wesentliche Unterschied der PR Lions gegenüber heimischen und auf den deutschsprachigen Raum beschränkten Awardshows ist aus Aigners Sicht die internationale Plattform und die dadurch entsprechend größere Beachtung: „Der heimische PR-Staatspreis ist doch – auch wenn ich mir mit dieser Aussage sicher keine Freunde in der Branche machen werde – von enden wollender Relevanz. Das zeigt ja schon der Umstand, dass selbst Unternehmen, die diesen Preis gewinnen, völlig unbeeindruckt im nächsten Jahr die Agentur wechseln wie etwa vor einigen Jahren Starbucks Österreich.“ Dass so manche PR-Agentur bei PR Lions einreichen wird, davon ist Aigner überzeugt: „Kann ich mir gut vorstellen. Wenn das Projekt stimmt, warum nicht? Kunden freuen sich immer über internationale Preise.“

 

Peter Aigner, Gründer und Geschäftsführer von Aigner PR: „Die PR Lions sind auch ein Zeichen dafür, dass man diese Disziplin im Kommunikationsmix inzwischen entsprechend ernst nimmt.“

Von der Selbstinszenierung der Werber profitieren

„Es gibt bis dato nur sehr wenige sinnvolle und gewichtige europäische Auszeichnungen für hervorragende PR-Leistungen“, konstatiert Florian Faber, Managing Director PR bei der Wiener PR-Agentur alphaaffairs, und fügt hinzu: „Ich bin zwar froh, dass es im PR-Sektor keine Preis-Inflation wie bei den Werbern gibt, da dies den einzelnen gewonnen Preis eher abwertet. Aber ein weltweit attraktiver und auch entsprechend breit kommunizierter Preis, wie das bei den Cannes Lions ja definitiv der Fall ist, hat in der PR-Branche ganz eindeutig noch Platz!“ Auch weil Faber glaubt, dass Sinn macht, alle wesentlichen Kommunikationsleistungen gleichwertig auszuzeichnen: „Damit wird Cannes vom Werbefestival zum wirklichen Kommunikationsevent. Das wertet die einzelnen Disziplinen, aber auch die Veranstaltung als solches auf.“ Für die PR seien die PR Lions eine gute Nachricht: „Eine verstärkte Publikumswirksamkeit, die aufzeigt, was PR wirklich bewegen und transportieren kann, tut der Branche sicher sehr gut.

Eine Untersuchung des PRVA aus dem Vorjahr zeigt, dass die PR noch einigen Nachholbedarf in Sachen Akzeptanz und klarer Positionierung im Orchester der Kommunikationsmaßnahmen hat.“ Da kommen die PR Lions gerade recht: „Den wesentlichen Unterschied zu anderen PR-Preisen macht die Breitenwirkung eines Cannes-Awards: Da kann die PR-Agenturszene ganz sicherlich von der Selbstinszenierung der Werbebranche profitieren.“ Auch die österreichische: „Die heimische PR-Branche liefert immer wieder Top-Leistungen ab und hat auch schon bisher den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen.“ Fabers Fazit: „Wir selbst haben im Laufe des vergangenen Jahres eine Reihe von Projekten umgesetzt, von denen wir überzeugt sind, dass sie im europäischen Konzert der besten, strategisch klarsten und wirkungsvollsten Projekte beziehungsweise Kampagnen mitspielen können. Wir werden daher einreichen und rechnen uns gute Chancen aus.“

 

Florian Faber, Managing Director PR der Agentur alphaaffairs: „Die heimische PR-Branche liefert immer wieder Top-Leistungen ab und hat auch schon bisher den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen.“

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