Nachgefragt.Nachdem die vom PRVA im April präsentierte PR-Panel-Studie davon ausgeht, dass PR in der Krise an Bedeutung gewinnen wird, fragte »OBSERVER« bei größeren, mittleren und kleineren heimischen PR-Agenturen nach, ob sie den schon etwas von der angeblich zunehmenden Nachfrage nach PR spüren.
Ein »OBSERVER«-Rundruf unter größeren, mittleren und kleineren PR-Agenturen verdeutlicht, dass es eine Parallele zwischen Österreich als Land und der heimischen PR-Agenturszene gibt: Beide scheinen die aktuelle Wirtschaftkrise vergleichweise glimpflich zu überstehen. Zwar kann kaum eine Agentur herausragende New-Business-Erfolge vermelden und die bestehenden Kunden agieren gegenwärtig auch sehr vorsichtig, im Herbst sollte die Auftragslage aber bereits wieder erfreulicher sein. Und trotzdem: Das bescheidene erste Quartal wird wohl auf die Bilanzen des Jahres 2009 drücken.
PR ist nicht die „billigere Werbung“
Alexander Khaelss-Khaelssberg, geschäftsführender Gesellschafter von leisure communications, liest von der Krise bestenfalls in der Zeitung: „Die Gewinnzahlen des ersten Quartals sind stabil im Vergleich zum Vorjahr und wir freuen uns über sieben Neukunden seit Jahresbeginn.“ Unterm Strich sieht das dann folgender Maßen aus: „Wir rechnen aus unserer Buchungslage heraus mit einem stabilen ersten Halbjahr und einem guten zweiten Halbjahr.“ Dass noch mehr Unternehmen auf die kommunikative Kraft von PR setzen, wünscht sich aber auch Khaelss-Khaelssberg: „Leider setzen noch nicht so viele Unternehmen primär auf PR, wie sie es nötig hätten. Grundsätzlich gibt es aber schon einen Trend in Richtung Nachhaltigkeit und Wertesysteme, von dem die PR profitiert.“ In der Krise haben aus der Sicht von Khaelss-Khaelssberg jene Unternehmen Vorteile, die konstant PR betrieben haben: „Jetzt punkten vor allem jene Unternehmen, die seit Jahren offen und transparent kommunizieren und sich als guter Corporate Citizen etabliert haben.“ Khaelss-Khaelssberg ist aber auch, dass die PR-Agenturen nun ihre Vorteile gegenüber der Werbung klar herausarbeiten müssen: „Gerade in Anbetracht der Einsparungen bei den klassischen Werbebudgets steigt die Nachfrage an PR durch die Notwendigkeit zur klassischen Unternehmenskommunikation abseits schreierischer Produktwerbung. Der Trend geht zu Effizienz und Rationalität und da ist die PR den anderen Kommunikationsformen haushoch überlegen.“ Weshalb der Gründer von leisure communications auch der Überzeugung ist, dass „die PR eindeutig der Krisengewinner“ ist. Khaelss-Khaelssberg weiter: „Aber nicht deswegen, weil sie die billigere Werbung ist, sondern weil PR vor allem auf Nachhaltigkeit und Werte setzt und somit die glaubwürdige, ehrliche und transparente Kommunikation eines Unternehmens unterstützt. Allesamt Faktoren, die in turbulenten Zeiten besonders gefragt sind.“
Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit in der PR
„Wir hatten 2008 das beste Jahr seit Bestehen unserer PR-Agentur und wenn es so weiter geht, dann können wir heuer unser 10-Jahres-Jubiläum gleichzeitig mit einem neuerlichen Wachstum feiern“, läuft bei Dr. Neureiter PR laut deren Gründerin und Chefin Dr. Sigrid Neureiter alles nach Wunsch: „Ich sehe da allerdings keinen Zusammenhang mit der Krise, weder trotz noch wegen, sondern stelle mit Zufriedenheit fest, dass unser Engagement und unsere Professionalität vom Markt geschätzt werden und Früchte tragen.“ Insgesamt glaubt Neureiter, „dass bei knapper werdenden Budgets verstärkt in gute PR-Arbeit investiert wird.“ Und noch etwas wünscht sich Neureiter: „Ich würde mich sehr freuen, wenn die Krise dazu beiträgt, dass man sich von dem absurden Gedanken Artikel kaufen zu können, wie er leider grassiert, verabschiedet und dafür mehr auf Nachhaltigkeit setzt, wie sie seriöse PR-Arbeit zu leisten vermag.“ Auf die Frage, ob PR aus ihrer Sicht der „Krisengewinnler“ unter den Kommunikationsdisziplinen sei, meint Neureiter: „Laut PRVA gewinnt PR in der Krise stark an Bedeutung. Aber deshalb ist die PR kein Krisengewinnler. Eine solche Sichtweise hielte ich für zynisch und lehne sie daher ab. Vielmehr gilt: Wenn einer trotz wirtschaftlich schwieriger Rahmenbedingungen wachsen kann und Fortschritte erzielt, dann zeigt das doch, dass er ein guter Unternehmer und strategisch richtig unterwegs ist. In der PR-Branche gibt es offenbar einige gute Unternehmer.“
Aufklärungsarbeiter der PR-Agenturen trägt Früchte
Ebenfalls krisenresistent ist die Wiener Agentur Aigner PR, wie deren geschäftsführender Gesellschafter Peter Aigner erklärt: „Wir hatten das zweitbeste erste Quartal in der Agenturgeschichte und hochgerechnet auf das gesamte Jahr, könnte es – wenn alles so weiterläuft – sogar einen neuen Umsatz-Rekord geben.“ Mit der Krise habe das aber weder so noch so zu tun: „Ich sehe die Gründe für die positive Entwicklung eher darin, dass wir in den vergangenen knapp zwei Jahren gute Arbeit geleistet haben, vor allem auch im Bereich New Business, und jetzt gehen halt einige dieser Sachen auf.“ An einzelnen Branchen oder Segmenten lasse sich das Bedürfnis nach PR aber nicht festmachen: „Was man sagen kann,ist, dass sich generell die Überzeugung durchzusetzen beginnt, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten proaktive, offene und glaubwürdige Kommunikation ein Gebot der Stunde ist.“ Zusatz Aigners: „Hier dürfte doch die jahrelange Aufklärungsarbeit der Agenturen nun (endlich) Früchte tragen.“ Von der PR als Krisengewinnler möchte Aigner aber dennoch nichts hören: „Der Ausdruck Krisengewinnler hat halt immer so einen negativen Beigeschmack, weil er den Eindruck vermittelt, als ob sich hier jemand aufgrund der Not anderer bereichern würde. Grundsätzlich bekomme ich auch von Mitbewerbern sehr positive Signale, bei denen es ähnlich gut läuft wie bei uns.“ Die vergleichsweise erfreuliche Entwicklung der PR-Agenturbranche sei auf einige Faktoren zurückzuführen: „Zum einen ist in diversen Branchen sicher Krisen-PR gefragt – ich denke da an den Finanzdienstleistungs-Sektor, den Automotive-Bereich und Industrie-Betriebe generell. Zum anderen schichten etliche Unternehmen ihre Budgets um – von der klassischen Werbung hin zur PR.“ Warum, ist schnell erklärt: „Weil in der Krise nicht bunte Bilder und lustigen Storys zählen, sondern seriöse und transparente Information gefragt ist“, wie Aigner findet.
Kunden brauchen jetzt nicht das Kaninchen aus dem Hut
„So erfolgreich wie im ersten Quartal 2009 waren wir überhaupt noch nie“, erklärt Mag. Axel Zuschmann, Geschäftsführer der PR-Agentur Ecker & Partner, auf die Frage, wie sich das „Krisenjahr“ auf seine Agentur ausgewirkt habe. Nicht zuletzt, weil eben gerade jetzt „Krisen-PR, Financials, Public Affairs noch stärker zum Einsatz kommen als sonst“, wie Zuschmann betont. Als „Krisengewi
nnler“ sieht Zuschmann die PR in Zeiten wie diesen dennoch nicht: „Krisengewinnler ist der falsche Ausdruck, weil er unappetitliche Konnotationen in sich trägt und Unseriosität suggeriert.“ Unabhängig davon könne die PR-Branche nicht allen Bereichen zulegen: „Die klassischen PR-Dienstleistungen kommen unter massiven Preisdruck, die strategische Beratung gewinnt aber gerade jetzt an Stellenwert – wenn sie mittel- bis langfristig angelegt ist und interdisziplinär arbeitet.“ Zuschmann weiter: „Was die Kunden jetzt brauchen, ist nicht das Kaninchen aus dem Hut, sondern eine Kommunikationsstrategie, die auch in zwei Jahren noch hält und die alle Maßnahmen für alle Stakeholder umfasst. Das braucht wiederum erfahrene Berater auf höchstem Level und ein ausgezeichnetes Netzwerk, um die Strategie auch umzusetzen. Das kann gute PR leisten und dadurch Vertrauen schaffen und Sicherheit geben.“
Lineare Kürzung von Kommunikationsbudgets
Vorsichtig, was Prognosen anbelangt, gibt sich Markus Schindler, geschäftsführender Gesellschafter des Branchenprimus Pleon Publico: und zwar sowohl in Bezug auf die generelle Wirtschaftsentwicklung als auch in Bezug auf jene der heimischen PR-Agenturbranche: „Weltweit sind sich die Wirtschaftsforscher uneinig, wie sich die Dinge weiterentwickeln werden. Prospektiv ist nicht vorhersehbar, was kommen wird.“ Auch was die Pleon Publico anbelangt möchte Schindler, der seine Agentur mehr als strategische Kommunikationsberatung denn als PR-Agentur klassischen Zuschnitts verstanden wissen will, keine Prognosen für 2009 abgeben: „Die wirtschaftliche Gesamtsituation schlägt sich für uns im Moment positiv nieder, weil wir in strategischen Fragen und in Positionierungsfragen sowie in Sachen Lobbying hinzugezogen werden. Wie sich das weitere Jahr entwickeln wird, ist aber schwer abzuschätzen.“ Auch was das 1. Halbjahr 2009 betrifft, will sich Schindler nicht hundertprozentig festlegen: „Aber ich gehe davon aus, dass sich die Agentur im ersten Halbjahr so weiterentwickelt wie sie das in den Vorjahren getan hat.“ Und das würde ein schönes Honorarumsatzplus bedeuten. Auch am Ende des Jahres: „Wenn alles so weiterläuft wie bisher, dann setzt sich die Entwicklung der vergangenen Jahre fort. Aber wie gesagt: Ich trau mich das nicht zu prognostizieren!“ Insgesamt glaubt Schindler, dass „Kommunikation ein zentrales Instrument zur Lösung der Krise ist und dass man der Krise vor allem mit kommunikativen Mitteln entgegentreten muss“. Und das sei eine große Chance für die PR, wenngleich Schindler betont, dass er es nicht für richtig hält, eine Studie zu veröffentlichen, die zum Ausdruck bringt, dass die PR jene Disziplin ist, die am ehesten von der Krise profitiert: „Ich halte das für unsere Position gegenüber unseren Kunden nicht für gut.“ Schindler glaubt auch nicht, dass die Budgets von der Werbung in Richtung PR wandern: „Ich bezweifle das. Ich glaube, dass die Kommunikationsbudgets linear gekürzt werden – das trifft alle Disziplinen.“ Und gerade weil jetzt viele Unternehmen ihre Kommunikation zurückgefahren haben, empfiehlt Schindler: „Unternehmen, die jetzt kommunizieren, haben nicht nur jetzt einen Vorteil, sondern werden auch nach der Krise einen Vorteil haben.“
Wer seine Stakeholder enttäuscht hat, muss jetzt kommunizieren
Auch für Gabriele Brandner, geschäftsführende Gesellschafterin der Wiener Agentur match pr, ist „das erste Halbjahr absolut kein Krisenjahr für meine Agentur – ganz im Gegenteil. Allerdings wurden viele Etats schon im vergangenen Jahr vergeben, viele noch vor der Krise, da konnten wir einiges an Jahresbudgets für 2009 einfahren“. Wie dann die Etatvergabe für das kommende Jahr ausseiht, werde sich im Herbst entscheiden, meint Brandner kryptisch und fügt hinzu: „Ich denke aber, dass wir ganz gut aufgestellt sind.“ Die match pr ist der Ansicht, dass der Schuh an einer ganz anderen Stelle drückt: !Leiden wird das Business nicht an Mangel an Aufträgen, sondern eher am Kostendruck, immer mehr Leistung wird um immer weniger Geld verlangt.“ Zusatz: „Leider sind da viele Billiganbieter am Markt nicht gerade hilfreich. Diese werden allerdings nur kurzfristig die Budgets der Unternehmen entlasten.“ Dass jetzt von den Unternehmen wieder verstärkt kommuniziert werden muss, findet auch Brandner: und zwar „all jene, die das Vertrauen ihrer Stakeholder schwer enttäuscht haben, oder dieses aufrechterhalten müssen, um ihre Produkte absetzen zu können. Dazu zählen Markenartikler, vor allem Produzenten von FMCG-Produkten, oder natürlich auch Banken und Versicherungen.“ Ein Umschichten von Kommunikatonsbudgets kann auch Brandner erkennen: „Manche Unternehmen investieren verstärkt in PR, weil sie die Gelder aus den klassischen Bereichen abziehen und von der PR eine billigere Form der Vertriebsunterstützung erwarten, was nur kurzfristig gut gehen kann.“ Nichts desto trotz werde PR gestärkt aus der Krise hervorgehen, „da ihr zumindest in einigen großen Unternehmen und Organisationen endlich jene leitende Managementfunktion verliehen wird, die ihr schon lange zusteht: PR im Sinne eines umfassenden Reputationsmanagements, das den immateriellen Wert eines Unternehmens stärkt und damit letztendlich auch zu betriebswirtschaftlichen Erfolg führt, wird gerade in Zeiten der Krise am deutlichsten.“ Brandner ist überzeugt, dass keine andere Kommunikationsdisziplin mithalten, „wenn es um Vertrauen und Krisenbewältigung geht“. Ihrer Ansicht nach, werden „zwei Arten von PR-Agenturen überbleiben: jene, die sich mit strategischer Beratung und Reputation beschäftigen, und jene, die auf reine Medienarbeiter reduziert sind.“ match pr sieht Brandner unter den Strategen: „Wir haben rechtzeitig vorgesorgt und uns mit der Plattform www.reputation-network.com als strategische Vordenker positioniert, und in den Bereich Consulting investiert.“
Versuchen Sie es doch mal mit PR!
„In Österreich ist das Geschäft heuer zäh, aber nicht schlecht“, erklärt Mag. Christoph Edelmann, geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Accedo, die ihre Fühler längst nicht mehr nur am heimischen Markt sondern auch nach Osteuropa ausgestreckt hat. An der New-Business-Front sei zur Zeit nicht sehr viel holen, das Projektgeschäft laufe aber recht gut. Insgesamt werde es heuer Edelmann zufolge „schwierig, das schlechte erste Quartal noch aufzuholen“. Und daher werde die Agentur heuer umsatzmäßig „im niedrigen zweistelligen Prozentbereich verlieren“. Edelmann ist jedenfalls „froh, dass unsere Agentur von den Kunden her sehr heterogen aufgestellt und mittelständisch geprägt ist, und dass unsere Kunden sehr unaufgeregt mit der Krise umgehen.“ Ihre Budgets komplett runtergefahren hätten seit Herbst lediglich Unternehmen, deren Muttergesellschaften in den USA sitzen. Apropos andere Länder: In den osteuropäischen Märkten, in denen Accedo mit Agenturniederlassungen vertreten ist, könnte das aktuelle Geschäftsaufkommen
unterschiedlicher nicht sein: „In Tschechien läuft es ausgezeichnet, in der Slowakei ebenso. Slowenien ist stabil. Aber in Ungarn herrscht totale Flaute“, wie Edelmann ausführt. Für Österreich geht Edelmann davon aus, dass das Ärgste überstanden ist: „Die Unternehmen können nicht mehr nicht kommunizieren. Nach der Schockstarre müssen sie jetzt wieder etwas tun.“ Und deshalb werde es im Juni bereits wieder aufwärts gehen, und 2010 sowieso. Auch weil die Unternehmen in Zeiten wie diesen vermehrt auf PR setzen: „Die PR muss den Kunden jetzt mehr denn je erklären, dass PR auch verkaufsfördernd ist. Bei PR geht es nicht nur um Image.“ PR zeichne vor allem der behutsamere Zugang aus: „Werbung schreit. PR ist da viel sensibler. Jetzt ist die Zeit, um es mal mit PR zu versuchen!“