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Tenor des PR-Tages: „Lernen Sie zuzuhören!“

PR Tag des PRVA.Der PR-Tag des PRVA widmete sich dem Thema Social Media und dem „Paradigmenwechsel in der Kommunikation“. Ossi Urchs hielt die vielbeachtete Keynote Speech.
Der deutsche Philosoph Ossi Urchs, Internetberater und Betreiber der F.F.T. MedienAgentur in Offenbach, hielt die Keynote Speech zur diesjährigen PR-Fachtagung des Public Relations Verbandes Austria (www.prva.at) im Euro Plaza am Wienerberg. In seiner Rede über die Zukunft der Kommunikation spannte Urchs einen Bogen von den Anfängen des Internet in den 80er Jahren bis in die Jetztzeit, und arbeitete die Unterschiede des Internets in den 90er Jahren und dem so genannten Web 2.0 heraus. Auf der Generalthema des PR-Tags – „PR ohne klassische Medien? Paradigmenwechsel in der Kommunikation“ – Bezug nehmend, ist der gelernte Philosoph Urchs der Meinung, dass „PR sehr wohl ohne klassische Medien funktioniert“ und auf Grund der Netzwerkeffekte, die sich im Internet ergeben, auch „nicht mehr von der Größe des Unternehmens abhängig“ sei. Urchs: „Was wir verstehen müssen ist, dass das Internet all unsere Lebensbereiche erfasst und unseren Alltag schon fundamental verändert hat. Web 2.0 ist im Wesentlichen ein neues Lebensgefühl.“

Schweizer Messer der Kommunikation

Durch die Digitalisierung und den damit verbundenen Preisverfall in der Medienproduktion und Distribution führe für Unternehmen kein Weg mehr an digitalen Medien vorbei, da die Beziehungen von Benutzern und Produzenten von Inhalten immer direkter würden. „Das Internet wird immer mehr zu einem Universalmedium. Es ist nicht mehr nur ein Massenmedium wie wir das von früher kannten, sondern wird zum Schweizer Messer der Kommunikation“, so Urchs. Der auch mit seiner Haarpracht beeindruckende Urchs plädiert dafür, dass Unternehmen lernen, sich selbst aus der Sicht des Kunden zu sehen, da sich diese noch mehr als zuvor zum integralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickeln würden. Den rund 200 anwesenden PR-Profis legte Urchs nahe, die gelernten Marketingphrasen zu vergessen und wieder zu lernen, mit „menschlicher Sprache“ zu kommunizieren und vor allem wieder zu lernen, den Kunden zuzuhören. Undls persönliche Empfehlung formulierte der Key-Note-Speaker einen „kategorischen Imperativ“ für jede Form der interaktiven Kommunikation: „Monitor – Comment – Post!“.


Keynote-Speaker Ossi Urchs in seinem Element: „Das Internet wird immer mehr zu einem Universalmedium.“

Vier Panels, vier Themen

Nach Urchs Vortrag splittete sich die Teilnahmerschar am PR-Tag in vier Panels zu unterschiedlichen Themen auf. Die vier Panels zu den Themen Politische Kommunikation, Consumer Brands & Lifestyle PR, Medien und Interne Kommunikation wurden geleitet von Brigitte Gschiegl, Olaf Nitz, Ingrid Vogl sowie Astrid Zimmermann. Unter der Leitung von Dr. Ingrid Vogl (Wiener Stadtwerke), die für die Koordination des Personenkomitees für Heinz Fischer verantwortlich war, gaben Mag. Josef Barth, Lisa Fuchs und Wolfgang Zeglovits einen Einblick in die angewandte Strategie der Web 2.0 Wahlkampagne. Dabei gelang es, die Person Heinz Fischer glaubwürdig zu kommunizieren, denn das Kampagnenteam hatte bei der Nutzung von Webvideos, dynamisch gestalteter Webseite, Facebook und Twitter freie Hand. Vogl nennt dies eine wesentliche Voraussetzung für die Kommunikation über Social Media. Dies und den Webwahlkampf kommentierte Dr. Andreas Koller (Salzburger Nachrichten) sehr positiv, wies aber auf die große Bedeutung klassischer Medien hin, welche über Fischers Internetkampagne viel berichteten. Einig war man sich, dass – abseits von Wahlkampagnen – österreichische PolitikerInnen Web 2.0-Aktivitäten kaum einsetzen und politische Kommunikation via Internet in Österreich noch in den Kinderschuhen steckt.

In der Ambivalenz zwischen Fanpages und Boykott-Aufrufen wird Social Media von Teilnehmern des Panels „Consumer Brands & Lifestyle PR“, Mag. Werner Reiter (Mobilkom Austria & Telekom Austria), Yuki Sakurai (Greenpeace CEE) und Philipp Bodzenta (Coca Cola Alpine), eher als große Chance in der Kundenkommunikation wahrgenommen. Die von Dipl. Des. Olaf Nitz, BSc (Österreich Werbung) moderierte Diskussion kam u.a. zu dem gemeinsamen Conclusio, dass eine Interaktion und ein wirklicher Dialog mit den Kunden einen höheren Wert haben als beispielsweise klassische Display-Werbung.

Dr. Astrid Zimmermann (KAV) erörterte mit Mag. Rainer Schüller (derstandard.at) im „Medien“-Panel, wie die neuen Medien den Journalismus verändern. Unter anderem verlagert sich der Aufgabenschwerpunkt des Journalisten in Richtung Selektion, Gewichtung und Bewertung der Information. Im Austausch mit den TeilnehmerInnen kam man zu dem Ergebnis, dass qualitativ hochwertige Medien ihr Publikum halten werden können und daher interessant bleiben, denn „Qualität ist ein Wert“.

Im Panel „Interne Kommunikation“ wurde nicht nur die interne Kommunikation im engeren Sinne diskutiert, sondern auch die externe Kommunikation auf Basis Web 2.0 berücksichtigt. Denn Mitarbeiter nutzen Twitter, Facebook und Co. bereits intensiv, und was sie dort über ihr Unternehmen posten und finden, prägt ihre Wahrnehmung. Unter der Moderation von Mag. Brigitte Gschiegl (Frequentis AG) kamen Elisabeth Pechmann (Ogilvy & Mather Wien), Dr. Marita Roloff (Allianz Gruppe und Vorstandsmitglied im ViKOM) sowie Peter N. Thier (Erste Bank) in der Diskussion mit den Teilnehmern aber auch zu der Erkenntnis, dass es in einigen Unternehmen nicht für alle die geeignete Infrastruktur für die Nutzung von Web-Inhalten gibt, zum Beispiel in der Produktion oder für Außendienst-MitarbeiterInnen. Hier gilt es, parallel andere Tools und Kommunikationskänale einzusetzen.


Nach der Keynote Speech teilte sich das Auditorium auf vier Panels auf.

Kontrollverlust der Kommunikatoren!?

Zur abschließenden Podiumsdiskussion trafen sich alle Panelleiter mit dem Key-Note-Speaker und Moderator ArminWolf (ORF) um die Ergebnisse aus den Panels darzulegen und in Verhältnis zu setzen. Währenddessen wurden Tweeds in Echtzeit auf die Leinwand projiziert und von Armin Wolf in die Diskussion eingebracht. Ein allgemeiner Tenor aus Sicht der Diskutanten ist, dass die klassischen Medien nach wie vor wichtig sind, um Reichweite zu bekommen. Jedoch sind Unternehmen unabhängiger von den Massenmedien geworden, da sie nun direkt mit ihren Kunden kommunizieren können. Ossi Urchs konnte sich dem nicht anschließen, da er vor den fiktionalen Zahlen der quantitativen Bewertung wie Auflagengröße etc. warnt. Bestehende Angstschwellen wie „Kontrollverlust“, etwa in der politischen Kommunikaton oder auch das „fehlende Vertrauen“ von Mitarbeitern zum Management, wenn es um Äußerung von Kritik geht, sieht Urchs als unbegründet, meint jedoch: „Wir verstehen das alles noch nicht, geben wir uns Zeit zu lernen.“
Das Schlusswort sprach PRVA-Präsident und Gastgeber Martin Bredl, der das Web nicht als Ergänzung zu den klassischen Medien sieht. „Wir sehen den Beginn einer neuen Kommunikation. Größe entscheidet nicht über den Erfolg, sondern das richtige Verhalten. Wir werden daher weniger kommunizieren – das Verhalten wird entscheiden.“


Martin Bredl, seines Zeichens Präsident des PRVA, fungierte als Gastgeber der Veranstaltung mit dem Titel „PR ohne klassische Medien? Paradigmenwechsel in der Kommunikation“ (alle Fotos (c) PRVA)

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