OBSERVER-Cercle.„News“-Chefredakteur Atha Athanasiadis stand Kunden und Partnern des Medienbeobachtungsunternehmens im Rahmen des OBSERVER-Cercle fast zwei Stunden lang Rede und Antwort.
Am Anfang stand die Idee von OBSERVER-Geschäftsführer Mag. Florian Laszlo, mit heimischen Journalisten so genannte umgedrehte Pressekonferenzen zu veranstalten. Was eine umgedrehte Pressekonferenz soll, ist schnell erklärt: „Wir wollen unseren Kunden und Partnern, also vor allem PR-treibenden Unternehmen und PR-Agenturen, die Möglichkeit geben, den Spieß umzudrehen“, so Laszlo: „Nicht die Journalisten stellen die Fragen an die PR-Verantwortlichen, wie das in einer klassischen Pressekonferenz der Fall ist, sondern die PR-Verantwortlichen stellen den Journalisten Fragen: über ihren Arbeitsalltag, ihre Arbeitsweise, ihre Arbeitsabläufe und ihre Einstellungen zu PR-Agenturen und -Verantwortlichen.“
Wofür man in Deutschland töten würde
Ein erstes „Opfer“ was schnell ausgemacht und in der Person des erst kürzlich zum „News“-Chefredakteur berufenen Atha Athanasidis gefunden. Und obwohl der üblicherweise „kaum an Podiumsdiskussionen oder ähnlichem“ teilnimmt und die meisten Einladungen ausschlägt, sagte Athanasidis spontan zu, an der ersten umgedrehten Pressekonferenz im Rahmen des OBSERVER-Cercle teilzunehmen – „allein aus dem Grund, weil ich die Menschen kennenlernen wollte, die mich täglich mit PR-Mitteilungen zumüllen“, wie Athanadiadis eingangs mit einem Augenzwinkern anmerkte. Unter der Moderation von Maximilian Mondel, der seit Beginn des Jahres für den monatlichen OBSERVER-Newsletter verantwortlich zeichnet, erklärte der „News“-Chefredakteur, dass er den Wochentitel in seiner neuen Funktion „zu dem machen will, was er einmal war“, obwohl er betont, dass „die Verlage in Deutschland töten würden, um Reichweiten und Verkaufszahlen wie wir bei „News“ vorweisen zu können“.
Wie die perfekte Platte
Das Wochenmagazin „News“ ist Athanasiadis zufolge klar auf den Massenmarkt ausgerichtet: „Und das funktioniert weder mit billigem Sex, noch mit billiger Chronik nach dem Motto: Was macht eigentlich der oder die Sowieso.“ Die „News“-Leserschaft reiche „von der A- bis zur C-Schicht, ist nicht gealtert, aber mittleren Alters, höher gebildet und besser verdienend“, wie Athanasiadis ausführt. Und für diese Leser ein Magazin zu machen, ist für den „News“-Chefredakteur „wie die perfekte Platte auszunehmen“. Zeitungmachen ist aus der Sicht des 40-Jährigen „eigentlich simpel. Man versucht einfach, einen Nerv zu treffen.“
Von der Heftplanung zum fertigen Magazin
Die bei der ersten umgedrehten Pressekonferenz des OBSERVER anwesenden PR-Profis interessierten sich aber nicht nur für die Ziele und Ambitionen des Neo-Chefredakteurs, sondern auch für den Ablauf einer durchschnittlichen Heftproduktion. Athanasiadis: „Mittwoch Nachmittag ist frei, denn der Mittwoch ist unser Samstag. Am Donnerstag machen wir dann den Seitenspiegel. Freitag werden die Themen und Geschichten dann schon etwas konkreter. Am Wochenende wirft die Wirtschaftsredaktion schon die ersten Stories weg und außerdem schauen wir, was das „profil“ so bringt. Am Montag wird das Heft zugemacht. Und am Dienstag kommen dann noch hochaktuelle Geschichten ins Blatt.“ Der Dienstag ist für Athanasiadis insgesamt „ein ganz schrecklicher Tag“, nicht zuletzt weil Karikaturist Manfreid Deix meist sehr spät liefert und die Produktion bis zuletzt spannend macht.
Macht macht korrupt!
Als mächtig erachtet sich Athanasiadis nicht, „weil wir als Journalisten immer nur geborgte Macht haben“. Außerdem sehe er „Macht als Verantwortung“ und warnt vor Macht, die korrupt macht. Weshalb seine Devise auch lautet: „Wer sich bezahlen lässt, fliegt.“ Also etwa Journalisten, die sich und ihre Familie eine Woche lang in ein Wellnesshotel einladen lassen und dann wohlwollend über dieses berichten. Auch Laptops oder Handys, die zur Erprobung in die Redaktion kommen und dann heimgenommen werden, kann und will Athanasiadis nicht dulden: „Journalisten sind immer Außenminister für das Produkt, und genau so müssen sie sich auch verhalten.“
Wie man Athanasiadis knackt
Und dann kam die Frage aller Fragen aus dem Publikum: „Herr Athanasiadis, mit welchem Schmäh packt man Sie?“ Der „News“-Chef dazu: „Ich verstehe diese Massenaussendungen nicht. Und ich verstehe die Einladungspolitik zu den Pressekonferenzen nicht, weil die meisten PKs für uns als Wochenmedium nicht interessant sind.“ Athanasiadis weiter: „Wir wollen gute Geschichten, und wir wollen sie exklusiv.“ Das werde von Seiten der PR-Verantwortlichen nicht immer verstanden. Was den „News“-Chefredakteur ebenfalls ärgere, seien PR-Verantwortliche, die sein Medium nur mangelhaft kennen und dessen Funktionsweise missverstehen.
Unmissverständich ist hingegen Athanasiadis’ Angebot an die PR-treibenden Unternehmen: „Entwickeln wir doch gemeinsam intelligente Kooperationen, wo wir beide etwas davon haben. Dazu müssen aber die PR-Agenturen journalistischer denken und nicht immer nur ihre Message rüberbringen wollen. Athanasiadis hat in Sachen Kooperationen auch keine wie auch immer gelagerten Berührungsängste: „Bei interessanten Kooperationen kann es dann durchaus auch passieren, dass wir mehr machen, als wir eigentlich müßten.“ Die Devise laute aber stets: „Man kann gute journalistische Geschichten mit einem Kunden machen, aber wir verkaufen keinen redaktionellen Inhalt. Da gibt es eine die ganz klare Grenze.“
Ein begeisterter Hinsetzer
Aus der Sicht des „News“-Chefredakteurs müßten PR-Verantwortliche stets danach trachen, eine gute freundschaftliche Basis mit den Journalisten zu schaffen. „Sprechen Sie offen mit uns, am besten mit mir als Chefredakteur.“. Und. „Ein persönlicher Anruf ist oft gescheiter als ein Mail, das man überlesen kann.“ Denn: „Ich nehme mir Zeit für Ihre Anliegen. Ich bin ein begeisterter Hinsetzer.“ Dass er kein abgehobener Schreibtischtäter ist, beweist Athanasiadis abschließend mit einer Ansage, die alle im Publikum der ersten umgedrehten Pressekonferenz überraschte: „Ich lasse mir alle Abo-Abbestellungen geben und dann rufe ich die Leute durch, und die meisten nehmen dann von einer Abb
estellung wieder Abstand.“