PR-Ethik-Rat: „Ethik muss der Kommunikationsbranche etwas wert sein“
Um sein stark wachsendes Arbeitsvolumen auch in Zukunft bewältigen zu können, fordert der PR-Ethik-Rat von den zuständigen Stellen finanzielle Unterstützung. Die Zahl der Beschwerden an den Rat hat sich in den fünf Jahren seines Bestehens vervielfacht, und die Notwendigkeit eines Selbstkontrollorgans der PR-Branche wird – speziell im Lichte der jüngsten politischen Skandale – allgemein anerkannt. Dennoch erhält der Rat bisher keinerlei Fördermittel – im Gegensatz zu vergleichbaren Institutionen in anderen Kommunikationsbereichen. Der Rat fordert daher finanzielle Unterstützung aus den Kammerpflichtbeiträgen und peilt auch eine gesetzliche Förderung nach dem Muster des Werberats und des Presserats an. Damit soll sichergestellt werden, dass sich der PR-Ethik-Rat weiterhin mit den oft brisanten Fällen befassen und zusätzlich grundlegende Arbeit leisten kann. Ein Beispiel für ein Grundlagenprojekt sind Prinzipien für „Kommunikationsethik in Social Media“, die der Rat jetzt vorgelegt hat.
Mit zweierlei Maß gemessen
„Es geht nicht an, dass innerhalb der Kommunikationsbranche mit zweierlei Maß gemessen wird“, bringt Wolfgang R. Langenbucher, Vorsitzender des Österreichischen Ethik-Rats für Public Relations, die Stimmung der Branche auf den Punkt. „Nach öffentlich bekannt gewordenen Skandalen wird allerorts nach strengeren Regeln und einem Selbstkontrollorgan gerufen. Wenn es aber um die Umsetzung und vor allem um die Finanzierung dieser Arbeit geht, stiehlt sich die gesetzliche Interessenvertretung aus der Verantwortung.“ Bis dato wird die Arbeit des Rats ausschließlich aus Beiträgen der freiwilligen Branchenverbände PRVA, VIKOM und PRQualityAustria in Höhe von aktuell rund EUR 20.000 pro Jahr finanziert und von den Räten in ehrenamtlicher Funktion geleistet. „Die Beschäftigung mit ethischen Fragen darf aber nicht nur Aufgabe der freiwilligen Standesvertretungen sein. Gerade die gesetzliche Vertretung hat hier eine Verantwortung wahrzunehmen“, so Langenbucher.
Während vergleichbare Institutionen wie der Werberat über ausreichende Mittel verfügen, um hauptamtliche Mitarbeiter zu beschäftigen, erhält der PR-Ethik-Rat von der WKO keinen Cent – und das, obwohl die PR-Unternehmen ihre Kammerumlage ebenso zahlen wie die Werbeagenturen. Das sei auf Dauer nicht vertretbar, so die Position des Ethik-Rats und seines Trägervereins. Wenn sich hier nichts ändere, könnten Fälle und Anliegen nicht so zügig und professionell behandelt werden, wie das erforderlich wäre. Die beiden Organisationen werden daher bei der Wirtschaftskammer einen neuerlichen Anlauf für finanzielle Unterstützung nehmen.
Gesetzliche Förderung nach dem Muster Werberat und Presserat
Neben der Wirtschaftskammer ist der Rat auch mit Institutionen wie der KommAustria, dem Verband Österreichischer Zeitungen VÖZ und mit dem Bundeskanzleramt im Gespräch. „Wir haben eine Reihe von Gesprächen geführt, die zum Teil ermutigend und zum Teil sehr zurückhaltend waren“, sagt Ingrid Vogl, Vorstandsmitglied des „Vereins Österreichischer Ethik-Rat für Public Relations“ (Trägerverein des PR-Ethik-Rats, Anm.) und PRVA-Präsidentin. „Als Erkenntnis aus diesen Kontakten bieten sich für uns zwei Wege an, um an Fördermittel zu kommen: Zum einen ein Anteil an den Kammerbeiträgen der PR-Berater und zum anderen eine gesetzliche Förderung nach dem Muster von Werberat und Presserat im Rahmen der Presse- und Publizistikförderung.“ Konkret solle es im KommAustria-Gesetz (KOG) und/oder im Presseförderungsgesetz (PresseFG) in Zukunft neben Richtlinien für den Werbe- und Presserat auch Richtlinien für den PR-Ethik-Rat geben, so Vogl, die sich in dieser Sache maßgeblich engagiert. Um seine Aufgaben erfüllen zu können, benötigt der Ethik-Rat jährliche Mittel von EUR 80.000 bis 100.000.
Arbeitsvolumen stark angewachsen
Ungeachtet der geringen Mittel ist die Arbeit des heuer fünf Jahre alten PR-Ethik-Rats markant angewachsen: Von den 79 Fällen, die seit der Gründung behandelt wurden, entfallen 34 auf die Zeit zwischen Juni 2012 und November 2013. „Das heißt, fast die Hälfte aller Fälle wurde in den letzten eineinhalb Jahren an uns herangetragen“, sagt Renate Skoff, stellvertretende Vorsitzende des PR-Ethik-Rats. „In jedem einzelnen Fall ist eine sorgfältige Betrachtung notwendig, um eine fundierte Einschätzung treffen zu können.“ Im Berichtszeitraum wurden zwei Rügen und drei Mahnungen ausgesprochen. Zehn Fälle sind noch in Arbeit, da es aufgrund akuten Ressourcenmangels einen Rückstau in der Bearbeitung von Beschwerden gibt. In acht Fällen wurde kein Verstoß festgestellt, in elf Fällen war der Rat nicht zuständig oder der Fall musste mangels Beweisen eingestellt werden.
Zentrales Thema waren Verstöße gegen PR-Kodizes, die sich gegen eine Koppelung von redaktioneller Berichterstattung und Anzeigen richten. Auch brisante Fälle zu schwerwiegenden Themen wie gekaufte Gutachten und Dirty Campaigning haben den PR-Ethik-Rat beschäftigt. „Hier sehen wir uns leider oft mit der Problematik konfrontiert, dass wir Causen trotz eindeutig schiefer Optik fallenlassen müssen, weil uns die Beweise fehlen“, bedauert Skoff.