Wissenschaft trifft Praxis. Zwei Abschlussarbeiten im Rahmen des Postgradualen Universitätslehrgangs für Öffentlichkeitsarbeit am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien klopfen zwei ganz unterschiedlichte Kommunikationstools auf ihre Praxistauglichkeit ab.
Was die Masterthesis von Mag. Christian Murhammer und jene von Christian Call vereint, sind der Entstehungszeitpunkt, die Rahmenbedingungen der Entstehung und die Aktualität der damit verbundenen Diskussion um die Medienresonanzanalyse. Die beiden Arbeiten, mit denen Murhammer und Call kürzlich ihren Abschluss beim Postgradualen Universitätslehrgangs für Öffentlichkeitsarbeit am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien erlangten, setzen sich mit zwei aktuellen PR-Themen auseinander: Schließlich sind sowohl Medienresonanzanalyse als auch Corporate Social Responsibility gegenwärtig häufig thematisierte Tools in Sachen Öffentlichkeitsarbeit.
Sinnvolles Tool für die Praxis?
Mag. Christian Murhammer, im Zivilberuf Geschäftsführer des Österreichischen Fertighausverbands, nahm die Medienresonanzanalyse genauer unter die Lupe und zwar im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Anspruch und ihrer Rolle als Tool in der Kommunikationspraxis. Murhammer machte sich im Rahmen seiner Arbeit daran, zu prüfen, ob das Evaluierungsinstrument Medienresonanzanalyse ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, um nach den strengen Kriterien der Wissenschaft verwertbare Erkenntnisse zu Tage liefern zu können. Weiters fragte er sich vorab, ob die Wissenschaftlichkeit der Medienresonanzanalyse positive oder negative Auswirkungen auf die Aussagekraft und auf die Praxistauglichkeit ausübt. Darüber hinaus wollte Murhammer hinterfragen, ob sich der Aufwand (eben die wissenschaftliche Herangehensweise) überhaupt wirtschaftlich rechne und ob der betriebene Aufwand in irgendeinem Verhältnis zum Output stehe.
Im Rahmen seiner Arbeit kam Murhammer zu dem Schluss, dass der Zeitfaktor ein nicht unwesentlicher ist: „Die Medienresonanzanalysen erscheinen speziell aus einem Grund nicht dafür geeignet, wirkungsmethodische Parameter abzudecken: Die zur Verfügung stehende Zeit reicht nicht aus. Auftraggeber wollen die Ergebnisse der Analysen rasch und in der Kernaussage möglichst einfach. Je mehr kommunikationswissenschaftliche Kriterien zu berücksichtigen wären, desto schwieriger wäre der Einsatz von Medienresonanzanalysen in der Praxis. Komplizierte Berechnungen zur Wirkung der Medien, wie sie die Wissenschaft mitunter betreibt, sind für die Praxis absolut ungeeignet.“
Ein „doppelter“ Gatekeeper-Effekt
Fraglich erscheint Murhammer weiters, warum Rückschlüsse auf die Änderung des Wissens oder des Verhaltens von Rezipienten über die Medienresonanzanalyse erfolgen sollen, da die mediale Berichterstattung lediglich ein Faktor und nie ausschließlich für eine Änderung des Wissens, der Einstellungen oder des Verhaltend ursächlich sein kann.
Und noch ein Punkt ist Murhammer wichtig: Er ortet in der Methode der Medienresonanzanalyse einen „doppelten“ Gatekeeper-Effekt; „da der Auftraggeber quasi zweimal durch subjektiv gesteuerte Personen Wirklichkeit interpretiert bekommt“. Einmal durch den Journalisten und dann durch den Codierer bei der Erstellung der MRA.
Murhammers Fazit: Seriöse und professionelle Medienresonanzanalysen kommen ohne Wissenschaftlichkeit keinesfalls aus. Diese Wissenschaftlichkeit dürfe aber weder die Auswertungszeiten unnötig verlängern und höhere Kosten verursachen noch die Auftraggeber mit Ergebnissen überfordern.
Die aktuell am Markt angebotenen Tools der Auswertung (AnzeigenpreisÄquivalent – APQ als weiterer Parameter neben der Anzahl der Clippings, der Auflage und der Größe des Artikels) bieten die größte Aussagekraft in Relation zur Geschwindigkeit und Kosteneffizienz der Erhebung.
Teildisziplin oder eigenständiges Feld?
Christian Call, stellvertretender Geschäftsführer von power solution, beschäftigte sich in seiner Master-Thesis im Rahmen des Postgradualen Universitätslehrgangs für Öffentlichkeitsarbeit mit folgenden Thema: „Corporate Social Responsibility und Public Relations im Spiegel der veröffentlichten Meinung in Österreich“. Call wollte der Frage nachgehen, wie die Rolle der PR in Bezug auf Corporate Social Responsibility (CSR) unter Journalisten gesehen wird, inwieweit in österreichischen Medien das Thema CSR den PR zugeordnet wird und ob CSR überhaupt eine Aufgabe der PR sei.
Als weiteres Forschungsziel wollte Call die Glaubwürdigkeit der PR-Branche in Bezug auf CSR-Themen in der veröffentlichten Meinung feststellen. Die Untersuchung sollte Antwort darauf geben, wie authentisch und glaubwürdig Vertreter der PR-Branche bzw. des Public Relations Verbandes Austria (PRVA) das Thema CSR in der wesentlichen Dialoggruppe der Journalisten für sich in Anspruch nehmen können.
Call stellte im Rahmen seiner Master Thesis fest, dass in fünf Sechstel der untersuchten 660 Artikel keine explizite gemeinsame Nennung der Begriffe CSR und PR vorgenommen wurde. Dies lässt Call zufolge den Schluss zu, dass CSR nur in geringem Maß als Aufgabe von PR wahrgenommen wird. Viele Artikel basieren jedoch auf professioneller PR-Arbeit. Der Glaubwürdigkeit von PR im Zusammenhang mit CSR, allerdings auch den Public Relations für sich und der Corporate Social Responsibility – jeweils als eigenständige Begriffe behandelt –, attestiert Call „ein augenfälliges Entwicklungspotenzial“. Diese teilweise negativ kolportierte Meinung über die beiden untersuchten Disziplinen führt sogar zu Differenzierungsversuchen der relativ jungen CSR gegenüber der älteren PR. Damit versuchen – so Call – manche Proponenten des CSR-Gedankens nicht nur einen neuen Berufszweig zu kreieren, sondern diesen gegen den Transfer eines möglicherweise negativ behafteten Images von PR zu schützen, indem sie CSR als eine eigenständige neue Kommunikationsdisziplin – bewusst abseits von PR – definieren.