Unter der Moderation von Armin Wolf (ORF) diskutierten Gerold Riedmann (russmedia digital), Joachim Feher (Mediacom), Antonia Tritthart (Traktor) und Manfred Oschunig (ÖBB Werbung).
Gleich zu Beginn des Digital-Gipfels im Rahmen des Werbeplanung.at Summit 2015 unter der Moderation von Armin Wolf wollte der ORF-Anchorman von seinen Mitdiskutanten Joachim Feher (Mediacom), Manfred Oschounig (ÖBB Werbung), Gerold Riedmann (russmedia digital) und Antonia Tritthart (Traktor bzw. Jung von Matt/Donau) wissen, warum noch immer vergleichsweise wenig Werbegeld in digitale Kanäle investiert wird. Bei der ÖBB fließt bereits ein „zweistelliger Prozentsatz der Gesamtspendings in Digital“, wie ÖBB-Werbung-Geschäftsführer Manfred Oschounig erklärt. „Es wird aber ständig nachgebessert. “ Breite Kampagnen der ÖBB setzen weiter auf TV und Print, Kampagnen für jüngere Zielgruppen würden aber auch immer wieder mal digital ausgespielt. Wobei Oschounig zu bedenken gibt. „Wir stoßen da auch an unsere Grenzen: Selbst wenn wir wollten, könnten wir in Österreich im Digitalbereich gar nicht so viel Geld ausgeben, wie wir mit unserer Kommunikation die breite Masse erreichen.“
Digital ist mehr als nur Banner
Aus der Sicht von Mediacom-Geschäftsführer Joachim Feher nähern sich die Digitalspendings langsam an jene von Print und TV an: „Bei uns sind die Digitalspendings mittlerweile so groß wie die Printspendings.“ Dass die Verteilung der Werbespendings nicht in den Focus-Aufstellungen aufscheint, ist laut Feher darauf zurückzuführen, „dass Focus nur einen kleinen Abschnitt der Digitalwelt abbildet und da etwa die Global Player nicht dabei sind, aber auch darauf, dass die Zahlen auf Melderunden der Publisher basieren und nicht auf Messungen.“
Dass die ausgewiesenen Spendings für Digital noch gefühlt hinter den TV- und Printspendings hinterherhinken, habe laut Antonia Tritthart, Gründerin der Werbeagentur Traktor und Mitglied der Geschäftsführung bei Jung von Matt/Donau auch damit zu tun, „dass Digital weit mehr ist, als nur Banner und Bewegtbildspots und dass Social-Media-Aktivitäten, Content-Marketing-Kampagnen sowie Native Advertising nicht erfasst werden“.
Rund 25 Prozent des Gesamtumsatzes des Vorarlberger Medienhauses russmedia kommen „Vorarlberger Nachrichten“-Chefredakteur und russmedia-Geschäftsführer Gerold Riedmann zufolge bereits aus dem Digitalgeschäft, also Einnahmen aus Rubrikenmärkten, Displaywerbung und diversen Mischformen wie Native Advertising: „Selbst im totgeglaubten Displaybereich haben wir 30 Prozent Mehreinnahmen gegenüber dem Vorjahr.“ Zusatz Riedmann: „Also für uns sind Banner sehr wohl wichtig.“
Mobile Werbung legt zu
Noch eine spannende Zahl hat Gerold Riedmann aus Vorarlberg mitgebracht: „Mobile Advertising macht bereits 32 Prozent vom Umsatz im Regionalgeschäft aus. Und das ist bemerkenswert, denn vor drei Jahren lag der Wert noch bei null Prozent.“ Vor allem Native Advertising funktioniere im mobilen Bereich sehr gut, wie Riedmann ausführt, aber auch Facebook-Werbeformate wie Traktor-Gründerin Tritthart hinzufügt: „Über 50 Prozent der Österreicher nutzen Facebook am Handy. Social Media ist die Möglichkeit auf Mobile zu kommen.“ Warum Mobile Advertising noch hinter der tatsächlichen Nutzung der Österreicher hinterherhinke, erklärt Mediacom-Boss Feher so: „Bei Mobile haben wir das Problem, dass über das Medium noch keine Masse entsteht.“ Es werde zwar viel experimentiert, aber eben noch nicht im ganz großen Stil. Und auch für ÖBB-Werber Oschounig ist „Mobile ist eine Ergänzung, mehr nicht. Reine mobile Kampagnen haben wir noch keine gemacht.“
Nur intelligente Werbeformate werden auch genutzt
Generell für clevere Werbeformate im digitalen Raum spricht sich russmedia-Chef Riedmann aus: „Wir alle machen ständig Fehler. Auch Facebook hat in der Vergangenheit Fehler gemacht. Jetzt gerade machen sie einiges richtig. Es geht einfach darum, clevere Werbeformate zu entwickeln. Lineare Werbung funktioniert einfach nicht.“ Videos, die ungewollt starten, den User aber nicht am Rezipieren seines Inhalts hindern, findet Riedmann als sinnvolle und erfolgreiche Werbeform: „Diese Art der Werbung unterbricht den User nicht beim Medienkonsum. Alle Arten von Werbung, die ich mir vorher anschauen muss, bevor ich einen Inhalt nutzen kann, halte ich für bedenklich.“
Auch Traktor-Chefin Tritthart wundert sich über so manche Bewegtbildkampagne im Web: „Kunden glauben jetzt, dass ihr Logo bei Pre-Rool-Spots in den ersten fünf Sekunden erscheinen muss, weil es sonst nicht gesehen wird. Aber das ist der falsche Weg. Man muss einfach Content produzieren, denn sich die Konsumenten anschauen wollen – und zwar über die fünf Sekunden bis zum ,Überspringen‘-Button hinaus.“ Außerdem – so Tritthart – müssten die Spots ganz anders geschnitten werden, als klassische TV-Spots: „Klassische TV-Spots, die auf YouTube laufen, performen extrem schlecht, weil die YouTube-User viel mehr Schnitte gewohnt sind.“
Trotz Programmatic haben Mediaagenturen ihre Berechtigung
Danach gefragt, ob der Programmatic-Buying-Trend dazu führen werde, dass Mediaagenturen obsolet werden, meint Mediacom-Chef Feher: „Ich bin zutiefst überzeugt, dass Aufraggeber ihre Medienaagentur mehr denn je brauchen, weil die Fülle an Möglichkeiten, sein Werbegeld auszugeben, so groß ist wie noch nie zuvor.“ Feher: „Programmatic und die Automatisierung bedeuten ja nicht, dass man jetzt keine Menschen mehr braucht – im Gegenteil. Jeder der das glaubt, wird sein blaues Wunder erleben. Und ja, der direkte Kontakt mit Medienhäusern geht zurück, aber die Steuerung der Maschinen kommt von gut ausgebildeten Fachkräften. Und die sitzen bei den Mediaagenturen.“ Ins gleiche Horn stößt russmedia-Chef Riedmann: „Programmatic Buying ist eine Prozessoptimierung. Die wird’s übrigens auch bald in Print geben. Aber es muss überall aufgerüstet werden. Das Know-how in Österreich im Bereich Programmatic Buying ist noch überschaubar. Das muss sich noch viel tun.“
Facebook und seine Regeln
Dass Facebook als Kommunikationsplattform etabliert ist, zeigt das entsprechende Engagement der ÖBB: „Wir haben ein eigenes Social Media-Team von zehn Personen, dass auf Postings reagiert. Social Media-Aktivitäten lohnen sich auf jeden Fall, weil wir mit unseren Kunden in den Dialog treten können.“ Dass man auf Facebook mittlerweile zahlen muss, um relevant in den Newsfeed integriert zu werden, findet Traktor-Chefin Tritthart schade, aber so sei es eben: „Auf Instagramm passiert ja gerade das Gleiche. Da hat man seine Reichweite als Marke schön aufgebaut und jetzt muss man dafür zahlen.“ russmedia-Chef Riedmann empfindet „Facebook als gefährliches Terrain“, vor allem in Hinblick auf Facebook Instant Articles, weil dabei Beiträge eines Mediums nicht zu eben diesem Medium weiterverlinkt werden: „Da sieht man wieder, dass sich die Regeln auf Facebook jederzeit ändern können. Die Leute von Google fragen wenigstens, wenn sie etwas ändern, aber die bei Facebook ändern einfach.“
Aus Riedmanns Sicht könne das Feature Facebook Instant Articles aber sehr wohl sinnvoll sein: „Man muss als Publisher darauf vorbereitet sein, dass die Leute dann nicht mehr auf die eigene Website kommen. Unser Businessmodell schaut aktuell so aus, dass es uns wichtig ist, dass die User auf unsere Seite kommen. Für kleinere und spitzere Medien ist das vielleicht interessant, aber für uns eher nicht.“
Aus Fehlern lernen
Zu den Fehleinschätzungen in Sachen Online befragt, meinte Mediacom-Chef Feher. „Wir in den Mediaagenturen haben viel zu lange auf die Trennung von analog und digital gesetzt. Digital war zu Beginn ein Spezialistenthema. Aber die Dinge hätten viel früher fusioniert werden müssen. Auftraggeber brauchen diese Zusammenführung. Digital darf nicht getrennt gesehen werden. Wir hätten eigentlich vor fünf Jahren mit der integrierten Planung beginnen sollen, haben uns damals aber nicht getraut.“
Unter der Moderation von Armin Wolf (ORF) diskutierten Gerold Riedmann (russmedia digital), Joachim Feher (Mediacom), Antonia Tritthart (Traktor bzw. Jung von Matt/Donau) und Manfred Oschunig (ÖBB) beim Digital-Gipfel im Rahmen des Werbeplanung.at Summit 2015.