Interview.PRVA-Präsident Martin Bredl im »OBSERVER«-Interview über den PR-Staatspreis, das neue Selbstbild des PRV, den Grund für den diesjährigen Ausfall des PR-Tages und den Fall BUWOG/Hochegger.
OBSERVER: Bis 25. September konnten PR-Projekte zum Staatspreis für PR eingereicht werden. Am 30. November erfolgt die Vergabe des PR-Staatspreises. Wurde heuer mehr oder weniger eingereicht als im Jahr 2008?
Martin Bredl: Heuer wurden 39 Arbeiten eingereicht. Das sind um 11 weniger als im Vorjahr, aber um 9 mehr als der Durchschnitt. Ich bin heuer erstmals auch Jury-Vorsitzender beim Staatspreis, und bin mit der Qualität der eingereichten Arbeiten sehr zufrieden. Ich war ja lange Jahre Jurymitglied des deutschen PR-Report und beim DPRG. Und die Arbeiten, die heuer zum Staatspreis eingereicht wurden, hätten dort durchaus auch gute Chancen.
OBSERVER: Ein Minus von 11 Einreichungen entspricht wohl den wirtschaftlichen Entwicklungen in diesem Jahr …
Martin Bredl:… das kann man so sagen. Was noch hinzukommt: Man reicht ja eher die teuren Kampagnen ein, also die, wo man ein bißchen etwas herzeigen kann. Und von diesen Kampagnen hat es wohl heuer weniger gegeben.
OBSERVER: Das Kategorienschema wurde gegenüber 2008 noch einmal leicht variiert, Agenturen und Auftraggeber können nun in den Kategorien interne Kommunikation, Vertriebsunterstützende PR, Finanzmarkt PR, Public Affairs und Image PR einreichen. Warum wurde das Kategorienschema wieder verändert?
Martin Bredl: Ich glaube, das Kategorienschema ist jetzt noch klarer. Im vergangenen Jahr gab es in der Jury teilweise große Schwierigkeiten bei der Zuordnung. Das gibt es heuer nicht mehr.
OBSERVER: Bei vergleichbaren Wettbewerben gibt es auch Kategorien für Kampagnen für KMU. Nicht so beim Staatspreis PR. Warum?
Martin Bredl: Wir haben uns das durchaus überlegt. Es war tatsächlich eine Überlegung. Aber die Frage, die wir uns gestellt haben war: Wie viele Kategorien können wir uns bei der Zahl an Einreichungen leisten. Wenn es nämlich nur eine Einreichung in einer Kategorie gibt, wäre das dann schon der Kategoriensieger …
OBSERVER: … man muss aber auch keine Einreichung zum Kategoriensieger küren …
Martin Bredl: Genau, es gibt sicherlich die Möglichkeit für die Jury zu sagen: Wir sehen heuer in der einen oder anderen Kategorie keinen Sieger und vergeben heuer keinen Preis. Aber generell: Wenn wir mehr Einreichungen zusammenbringen, dann werden wir mehr Kategorien haben, und KMU könnte dann durchaus eine Kategorie sein.
Martin Bredl: Das war seit dem Zeitpunkt, da ich im Vorstand bin, so geplant. Wir haben immer gesagt: In dem Jahr, in dem eine Vorstandswahl stattfindet, gibt’s keinen PR-Tag. Wenn sich der neue Vorstand erst im März konstituiert, kann man nicht im Juni schon einen PR-Tag veranstalten. Aber wir machen die PR-Talks. Das ist ein neues Format. Da hat es auch heuer einige gegeben. Und kommendes Jahr gibt es wieder planmäßig einen PR-Tag, weil kein Wahljahr ist.
OBSERVER: Das ist nachvollziehbar, aber gerade heuer hätten sich doch – Stichwort Online-PR und Social Media – viele neue Themen ergeben …
Martin Bredl: … und auch im Bereich Change Management. Dieses Thema hat sich die PR auch teilweise von den Unternehmensberatern streitig machen lassen, obwohl mit Change ein großer Kommunikationsaspekt verbunden ist.
OBSERVER: Die PR ist ja in einigen Bereichen im Clinch mit anderen Disziplinen: Change Management ist sicher ein Bereich, Online sicher ein weiterer …
Martin Bredl: Es gibt ein paar Bereiche, wo ich den PR-Agenturen rate, dass sie sich da besser aufstellen: Neben Change Management sicher auch der Bereich Kommunikationscontrolling. Da ist in Deutschland gerade ein Durchbruch gelungen. Dort hat man sich mit dem dortigen Controlling-Verband auf ein Prozessmodell geeinigt, wo die Controller die entsprechenden Kenngrößen akzeptiert haben, die dann auch im Reporting der Controller Aufnahme finden. Im PRVA beschäftigt sich ein Arbeitskreis mit diesem Thema. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich unter der Leitung von Christoph Bruckner im Corporate Communication Cluster Vienna dem Thema Unternehmens-Kennzahlen zur Steuerung der Unternehmenskommunikation. Das ist ein Pilotprojekt. Und Susanne Senft leitet den Arbeitskreis Wertschöpfung: Was Change anbelangt, muss ich zugeben, dass wir hier im PRVA noch nicht die Ressourcen geschaffen haben, um das Thema anzugehen. Kurz dazu, wie wir im Verband arbeiten: Wenn ein neues Thema am Tisch ist, machen wir – auch wenn das jetzt altmodisch klingt – einen Arbeitskreis, und dort wird dann Know-how gesammelt und den Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Das wurde etwa im CSR-Arbeitskreis mustergültig umgesetzt. Der Leo Hauska hat da mit seinem Arbeitskreis ein Compendium herausgegeben, das auch international höchster Standard ist. Perfekt gemacht. So sollten Arbeitskreise sein. Aber das Feld Change Management haben wir noch nicht beackert.
OBSERVER: Teilweise ist aber – wie man etwa vom CSR-Arbeitskreis hört – das Interesse der PRVA-Mitglieder an den Ergebnissen dieser Arbeitskreise erschreckend bescheiden. Woran liegt das?
Martin Bredl: Im Fall des CSR-Arbeitskreises liegt es wohl teilweise daran, dass das Thema noch nicht verstanden wird. Insgesamt glaube ich, dass die PR-Abteilungen in den Unternehmen tagtäglich einen Kampf führen: um Budgets, um den Stellenwert gegenüber dem Marketing und um aus der Rolle der Pressestelle im Unternehmen herauszukommen. Die Möglichkeit, da rauszukommen, führt nur über Kompetenz und darüber, dass man die Leistung transparent macht.
OBSERVER: Sie haben jetzt ohnehin schon die wichtigsten Themen auf der Agenda des PRVA skizziert. Was sind weitere Ziele der Verbandsarbeit im kommenden Jahr? Was haben Sie sich da vorgenommen?
Martin Bredl: Das Social Media/Online PR/Web 2.0-Thema ist sicher eines, wo wir dranbleiben müssen. Da geht es übrigens auch darum, es nicht den Marketingabteilungen zu überlassen. Die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwimmen da ja.
Martin Bredl: Die Motivation war eine Erneuerung. Das haben wir auch ganz klar von den Mitgliedern kommuniziert bekommen. Und der Vorstand hat das dann umgesetzt. Unternehmen erneuern sich ja auch in gewissen Abständen. Das war allerdings kein Softrelaunch, weil wir es uns als Verband einfach nicht leisten können, alle zwei Jahre eine Modernisierung herbeizuführen. Da haben wir einfach nicht die Mittel, wobei man sagen muss, dass wir von der Agentur gantnerundenzi ohnehin sehr gut unterstützt wurden. Das heißt, wir haben da einen etwas größeren Relaunch vollzogen, und wir sind mit der Designänderung sehr zufrieden.
OBSERVER: Was hat es mit der inhaltlichen Erneuerung auf sich?
Martin Bredl: Na ja, ich habe bei diversen PRVA-Veranstaltungen so in die Runde gefragt, ob jemand das Leitbild des PRVA, dass der Herr Bogner vor 25 Jahren geschrieben hat, zitieren kann, und ich hab niemanden gefunden. Und das ist ein Armutszeugnis für uns. Jetzt haben wir dieses Leitbild neu definiert. Und unser Hauptanliegen ist: PR muss zu einem Managementprozeß werden!
PR muss hinauf in den Vorstand. Und dann haben wir uns die Frage gestellt, was Unternehmenskommunikation alles umfasst und haben das alles aufgezählt. (Anmerkung: Das neue PRVA-Leitbild finden Sie hier: http://www.prva.at/index.php?id=leitbild) Ich glaube, dass wir insgesamt die Latte höher gelegt haben.
Martin Bredl: Zu Beginn unserer Vorstandsperiode haben wir ganz konkret das Ziel gesetzt, die Zahl der Mitglieder zu steigern. Mein persönliches Ziel lag immer bei 1.000 + …
OBSERVER: … ein sehr ambitioniertes Ziel. Aktuell liegt man etwas über 500 …
Martin Bredl: Ja, bei 550. Wir wachsen beständig. Aber wir brauchen Ressourcen, um die Verbandsarbeit langfristig professionell zu gestalten. Die meiste Arbeit im PRVA erfolgt freiwillig – auch in den Arbeitskreisen. Und obwohl viele gerne für den PRVA arbeiten, wird es immer schwieriger, weil die, die bei uns mitarbeiten, immer mehr in ihren eigentlichen Jobs zu tun haben. Die einzige Möglichkeit dies abzufangen, sind zusätzliche Einnahmen. Wir haben ja nur unsere zwei Veranstaltungen und die Mitgliedsbeiträge, um Geld einzunehmen. Bei einem Mitgliederstand von 1.000 und mehr könnte sich der PRVA einen Generalsekretär leisten. Dann würde vieles besser gehen. Ich kann beispielsweise nicht für einen Tag nach Kärnten fahren und einen Vortrag halten – das akzeptiert mein Unternehmen nicht. Ein zweite Möglichkeit, größer zu werden, ist der Weg der Regionalisierung: Voriges Jahr haben wir in Oberösterreich eine regionale Niederlassung gegründet, heuer in der Steiermark, und wir sind gerade dabei, in Kärnten eine Niederlassung zu gründen, Salzburg ist auch geplant. Ziel ist es, dass wir einen Generalsekretär anstellen können – es muss ja nicht gleich Fulltime sein. Und eine weitere Möglichkeit wäre, uns mit anderen Verbänden zusammenzutun: PRquality haben wir ja schon in den PRVA integriert, den VIKOM könnten wir auch reinholen. Da geht es ja auch um Ressourcen, um etwa gemeinsam einen Redner für eine Veranstaltung zu verpflichten …
OBSERVER: Apropos Redner: Wen haben Sie für die diesjährige Staatspreis-Gala engagiert?
Martin Bredl: Heuer haben wir uns entschlossen, keinen Redner zu engagieren, und das dafür vorgesehene Budget in die Inszenierung der Veranstaltung zu investieren. Eine Umfrage unter einigen Mitgliedern hat ergeben, dass die Leute sich bei der Staatspreis-Gala treffen und plaudern wollen. Dann wird ja auch noch der Staatspreis verliehen, der Kommunikator gewürdigt, da braucht es dann nicht unbedingt noch einen Redner. Die Entscheidung war sehr klar, das Programm noch professioneller zu machen, einen tollen Moderator zu engagieren und auch ins Essen zu investieren.
Martin Bredl: Ich glaube, dass 2009 etwas flacher verläuft, wobei sich niemand rauslehnt und erklärt, dass die Entwicklung rückläufig ist. In den vergangenen Jahren hat PR stets so um die 8 Prozent zugelegt. Allerdings war auch 2008 schon etwas flacher. Es gibt noch keine klare Aussage in der Branche, ob die Umsätze rauf oder runtergehen: der Tenor ist, dass sich die Umsätze flacher entwickeln.
OBSERVER: Wie wird es Ihrer Ansicht nach 2010 weitergehen?
Martin Bredl: Da traut sich überhaupt niemand, eine Prognose abzugeben. Für 2010 wird sehr vorsichtig geplant werden. Da ist vieles offen. Bei uns entwickeln sich die Budgets in der Unternehmenskommunikation stabil. Aber wir haben dafür in den letzten fünf Jahren die Budgets um die Hälfte runtergefahren, was aber vor allem auf die Festnetzentwicklung zurückzuführen ist und nicht auf die Konjunktur.
OBSERVER: Glauben Sie, dass die PR-Branche durch die BUWOG/Hochegger-Affäre einen Imageschaden erleidet?
Martin Bredl: Ich glaube, dass die BUWOG/Hochegger-Affäre insgesamt schlecht für das Image der PR-Branche ist. Ob die Affäre eine messbare Auswirkung auf die PR-Branche hat, wird man sehen. Wir haben damals im Zuge des Untersuchungsausschusses zu den Eurofightern (Anm. d. Red.: Erika Rumpold gab damals an, für die Ausrichtung einer Pressekonferenz 96.000 Euro kassiert zu haben) eine Studie in Auftrag gegeben und die hat ergeben, dass sich das Ganze nicht negativ ausgewirkt hat. Aber der Fall BUWOG/Hochegger hat ja schon eine andere Dimension. Unabhängig davon ist es ein Unterschied, ob eine PR-Agentur einen schwerwiegenden PR-Fehler gemacht hat oder ob eine PR-Agentur oder deren Vertreter ein Steuerdelikt begangen hat. Aber ja: Das Ganze ist sicher schlecht für das Image der Branche. Was kann man dagegen tun? Lobbying muss transparenter gemacht werden! Und wir müssen auch für Lobbying einen Verhaltenscodex definieren.
Das Interview mit PRVA-Präsident Martin Bredl führten »OBSERVER«-Geschäftsführer Florian Laszlo und Maximilian Mondel, der für die Konzeption des »OBSERVER«-Letters verantwortlich zeichnet.