In der PR-Branche umgehört.Ausgehend von einem Beitrag im Forum der Public Relations Society of America (PRSA), in dem in den Raum gestellt wird, dass ehemalige Journalisten nicht ohne weiteres als PR-Berater fungieren können, bat »OBSERVER« heimische PR-Profis um ihre Meinung zum gerade in Krisenzeiten aktuellen Thema.
Anfang April fand sich im Forum „PRsay“ der Public Relations Society of America (PRSA) ein Kommentar von PRSA-Mitglied Kathryn Hubbell, der – und das erkennt man schon allein an den Reaktionen – die PR-Profis in zwei Lager spaltet. In wenigen Worten zusammengefaßt zweifelt Hubbel in ihrem Beitrag (siehe: prsay.prsa.org/index.php/2010/04/06/turning-journalists-into-public-relations-pros-training-required/) daran, dass ehemalige Journalisten ohne entsprechendes Training das Rüstzeug zum vollwertigen PR-Berater mitbringen.
Ein Geiger kann auch Trompete lernen
Jean-Lou Cloos, geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Cloos + Partner (www.cloos.at), der den Blogbeitrag von Kathryn Hubbell dankenswerter Weise gefunden und via Facebook zur Diskussion gestellt hat, „stört, dass man sich in dem Beitrag ziemlich herabwürdigend über Journalisten äußert und gleichzeitig versucht, den PRler über den Journalisten zu stellen mit dem Argument: Der muss mehr können.“ Cloos weiter: „Wenn dem so sein sollte, kann ich nur sagen: Ein Geiger kann auch Trompete lernen. Und warum sollte er nicht auch ein ganzes Orchester leiten können? Wenn er will, kann er auch das lernen (sofern man ihn lässt).“ Das Problem – so findet Cloos – liege woanders: „Ich habe mehrfach erlebt, dass ehemalige Journalisten, die die Seiten gewechselt haben, sich im Zweifelsfall gegen die Interessen ihrer Auftraggeber gerichtet haben. Es ist also keine Frage des Wissens oder Könnens, sondern das Wollens. Eigentlich ist es eine Frage der Ethik.“
Besserer Zugang zu (Ex-)Kollegen
Christoph Bruckner, Gründer der Agentur Milesstones in PR (www.minc.at), schlägt in die gleich Kerbe: !Im Prinzip ist es doch ganz einfach. Niemand käme auf die Idee, zu behaupten, Richter wären für den Beruf eines Rechtsanwaltes besser geeignet. Weder ist eine Aufgabe höherwertig als die andere, noch minderwertig.“ Bruckner betont: „Tatsächlich müssen PR-Leute und Journalisten unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Einige haben daher den Umstieg ausgezeichnet geschafft, viele andere sind gescheitert.“ Warum auch hierzulande einige Unternehmen Journalisten als Pressesprecher bevorzugen, habe aus Bruckners Sicht mit der Hoffnung zu tun, diese hätten einen besseren Zugang zu ihren (ehemaligen) Kollegen: „Das hat sich jedoch in vielen Fällen als großer Irrtum herausgestellt.“
Gute PR-Arbeit ist weit mehr als Schreiben
Franz Bogner, Verfasser des Standardwerks „Das neue PR-Denken“ und PR-Doyen in Österreich, erklärt: „Solange ein Journalist die Seite wechselt – und bereit ist, die PR-Profession wirklich zu lernen – ist das völlig in Ordnung. Zwar wird heute von guter PR-Arbeit viel mehr verlangt als Schreiben können, aber schaden tut es sicher nicht.“ Problematisch wird es aus Bogners Sicht, „wenn Journalisten meinen, auf Grund ihrer Kenntnisse schon die Fähigkeiten für professionelle PR mitzubringen.“ Und noch haariger sei es, wenn Journalisten „nebenbei“ PR und da vor allem Pressearbeit machen: „Denn das ist weder vereinbar noch besonders anständig.“
Wohltuendes und zielgerichtetes Miteinander
Sabrina Oswald, Managing Partner der Agentur Accedo (www.accedogroup.com), ortet „ein gegenseitiges Verständnis zwischen PR-Beratern und Journalisten“. Und das fusse zumeist „nicht immer auf Wertschätzung, sondern vielmehr auf einem sehr einfachenAufwand-Nutzen-Prinzip“. Oswald weiter: „Dass Journalisten wissen, was für Medienarbeit nötig ist, liegt auf der Hand. Dass sie aber auch wissen, was es heißt, fordernde Kunden und schwierige Journalisten richtig zu beraten und informieren, ist eher von der Hand zu weisen. Denn der dienstleistende Wesenszug, den man als Berater braucht, ist oftmals nach Jahren des journalistischen Arbeitens ein wenig verkümmert. Dass zudem PR heute noch viel mehr Kommunikations-Know-how erfordert, als das reine Erkennen und Verkaufen von Geschichten macht´s nicht einfacher.“ Dennoch ist Oswald überzeugt: „Die Kommunikationsbranche liebt Quereinsteiger! Es bedarf einer neuen, weniger engen, weniger spitzen und in vielen Fällen weniger bornierten Selbstsicht von PR-Beratern. Dies würde einerseits eine integrierte Einbindung in Campaiging (also das wohltuende und zielgerichtete Miteinander verschiedener Kommunikationsdisziplinen zu einem Thema) ermöglichen, wie auch andererseits Quereinsteigern einen Platz in der Branche geben und diese auch fördern und weiterzuentwickeln.“
Fundierte Ausbildung nach dem Seitenwechsel
Renate Skoff, Gründerin der Agentur Skills (www.skills.at) und Grande Dame der PR in Österreich, meint: „Grundsätzlich haben Journalisten natürlich das Zeug zu PR-Leuten (oder besser gesagt: zu Pressebetreuern) falls sie bereit sind, ihren Zugang zumThema zu verändern.“ Denn: „Ein Journalist hat nur einen Kunden, und das ist der Leser – wenn man einmal vom Herausgeber absieht. Ein PR-Berater hat immer zwei Kunden: Nämlich seinen Auftraggeber und den Redakteur der Zeitung. Er muss den Spagat zustande bringen, beiden gerecht zu werden. Seinem Kunden, für den er ein Anliegen zu vertreten hat, und dem Journalisten, der von ihm interessante Informationen mit Newswert erwartet.“ Die Praxis zeige laut Skoff, dass Journalisten sich oft mit diesem Mind set schwer tun oder „nicht bereit sind, diesen Switch zu machen“. Wichtig ist aus Skoffs Sicht in diesem Zusammenhang auch, „dass PR im besten Sinn des Wortes weit über Medienarbeit hinausgeht und sich tagtäglich mit strategischen Überlegungen, Positionierungsfragen und Krisenthemen auseinandersetzt“. Skoff: „Dafür braucht es einfach mehr als nur ein guter Schreiber zu sein. Journalisten, die auf die andere Seite des Schreibtischs wechseln und erfolgreiche PR-Leute sein wollen, müssen eine entsprechend fundierte Ausbildung haben.“
, Skills: „Ein Journalist hat nur einen Kunden, und das ist der Leser.“