Dr. Wolfgang Hötschl, der CEO von Kelly, der bekannten Snackmarke, sorgte für sehr anregende und unterhaltsame 1,5 Stunden Markenführung aus der Sicht der Praxis einer der erfolgreichsten Marken Österreichs.
Obwohl die Zuhörer schon mehr als zwei Stunden mit den Grundlagen des Markenrechts und den Grundsätzen für die erfolgreiche Markenkommunikation konfrontiert wurden, waren keine Anzeichen von Müdigkeit zu bemerken. Dass die Markenführung eine emotionale Herzenssache darstellt, zeigte sich schon in der Pause nach dem Workshop, die mit angeregten Diskussionen verbracht wurde.
Sonja Dürager und Gerri Brandstetter bereiteten das komplexe Thema der Markenführung mit seinen juristischen und seinen kommunikationstechnischen Aspekten in einem dichten Programm für die Teilnehmer umfassend auf. Von den Grundzügen des Markenrechtes, den wichtigen Fragen, was man überhaupt schützen kann und was nicht. Welche Eigenschaften und Elemente schützbar sind und wie man den Schutz auch über die heimischen Grenzen hinaus sichert. Die Herausforderungen europäischer und weltweiter Markenrechte und die inhaltliche Abgrenzung zu anderen Marken wurden ebenso dargelegt. Die Teilnehmer konnten die vielen Fragen, die sich in der Praxis stellen, den Vortragenden zur Erklärung vorlegen.
Gerri Brandstetter kann aus einer langen Karriere im Markenmanagement mit zahlreichen bekannten heimischen Marken auf einen Fundus an einprägsamen Geschichten zugreifen, die die Kernwerte einer Marke und die Grundsätze der Markenführung beleuchten.
Vom Zucker zum Salzgebäck
Nicht zuletzt als Vorstandsmitglied des Verbandes der Markenartikelhersteller kennt Dr. Wolfgang Hötschl die vielschichtigen Herausforderungen, vor denen Marken stehen. Die Anforderungen können sich auch sehr stark unterscheiden und so lässt sich nicht ein System als das Richtige herauspicken. Die Grundsätze der erfolgreichen und nachhaltigen Markenführung erinnern bei Dr. Hötschl noch mehr an menschliche Qualitäten. Er sieht, erst recht durch den harten Wettbewerb mit nur drei großen Kunden im Lebensmitteleinzelhandel, die Unabhängigkeit als wesentlichen Garanten für Stabilität. Wenn das Unternehmen und auch der Manager unabhängig entscheiden können und nicht durch äußere Umstände gedrängt, dem Markenwert abträgliche Verträge eingehen müssen, dann kann die Marke wachsen.
Gerade im starken Wettbewerb ist die Gefahr groß die Werte zu verwässern, die die Marke ausmachen. Damit wird der Markenwert geschmälert, aber vor allem geht die Profitabilität verloren, denn der einzige, der in die Wertschöpfungskette einzahlt, ist der Konsument. So sieht Hötschl auch starke Marken langfristig nicht in Gefahr durch die steigende Bedeutung der Handelsmarken. Solange der absolute Ertrag mit einer Marke höher ist, als mit der Handelseigenmarke, ist das Geschäft und der Regalraum gesichert.
Die durchaus vorhandenen Beispiele für erfolgreiche und nachhaltige Handelsmarken, wie etwa den Drogeriemarkt dm, betrachtet der Verfechter „echter“ Marken differenziert. Zum einen zeigen sie eine Schwäche der Markenhersteller in dem Segment, wenn eine Handelsmarke eine größere Bedeutung erhält, da dem Konsumenten der Unterschied nicht bewusst ist. Zum anderen besetzen die Handelsmarken ein Marktsegment, das früher durch die Markenartikler selbst mit Zweitmarken bedient wurde. Somit sind die Hauptmarken nur aus eigenem Verschulden geschwächt und nicht durch die Händler.
Möglichkeiten eine Marke zu schwächen gibt es zahlreiche und die Verlockungen sind mannigfaltig. Vor allem für regelmäßig wechselndes Management, das die notwendige Kontinuität gar nicht leisten kann. Die optische Erkennbarkeit und das Erkennen der bekannten Werte auch über Jahrzehnte hinweg zahlt richtig auf den Markenwert ein. Die Milka färbt die Kuh, aber niemand kann eine Milka umfärben. Das würde den teuer erkauften und eingerichteten Platz im Kopf der Konsumenten mutwillig aufgeben und mit ihm Milliarden an Wert. Vor allem wenn man bedenkt, dass man manche Positionierungen beim Konsumenten nicht einmal mit unlimitierten Budgets erreichen kann.
Kontinuität, Zeit und klare Werte braucht es, wobei es damit auch für die Kommunikationsbranche nur einen geringen Spielraum gibt. Dr. Hötschl ist es recht, wenn eine Agentur gleich sagt, dass sie mit dem geringen Spielraum nicht arbeiten will, denn seine Marken lassen keine bahnbrechenden Neuheiten zu, sondern Detailverbesserungen und Nachschärfen. So gibt es etwa auch ein Verbot für die Agenturen bei jeglichen Werbepreisen einzureichen „verlorene Zeit… nur damit irgendjemand, der das Unternehmen nicht kennt, die Kampagne bewertet…“
Dr. Hötschl formte aus dem Zuckermonopol die Agrana und verhandelte als Monopolvertreter mit den Verarbeitern. Unter seiner Führung wurde aus der commodity Zucker die Marke Wiener Zucker und dann wechselte er zum Salz als erst zweiter Geschäftsführer in der Firmengeschichte von Kelly.
Marken richtig (ver)kaufen
Mit dem Verkauf des heimischen Players Kelly an die Intersnack-Gruppe „wählte“ Hötschl auch einen Käufer, der Marken und lokale Stärken bewusst bewahrt und fördert. Damit zeigt sich, dass eine Marke auch profitieren kann, wenn sie verkauft wird und damit anderen finanziellen und produktionstechnischen Hintergrund erhält. Die Aufgabe ist jedoch – gerade durch ihre Emotionalität – nicht einfach. So war das ein runder Abschluss des Abends, der am Buffet noch länger unterhielt.